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CD-Tipps

         

 

19.10.2016: The Mission - Another Fall From Grace

Dass ich von The Mission nochmal was zu hören bekomme, daran habe ich doch schon fast nicht mehr geglaubt. Und wenn es qualitativ eine so hochkarätige Platte wie „Another Fall From Grace “ist, dann hat sich das Warten mehr als gelohnt.

The Mission machen für mich quasi da weiter, wo sie mit ihrem letzten Album „The Brightest Light“ (2013) aufgehört haben. Einfühlsame Tracks, die immer wieder eine gewisse düstere Atmosphäre in sich tragen.

Wayne Husseys tiefe Stimme bereitet mir immer wieder Wohlbehagen. Natürlich sind die großen Zeiten von The Mission auch schon länger vorbei, was aber ihrer Kreativität keinen Abbruch tut. „Another Fall From Grace“ bietet für mich eine Zeitreise, ohne altbacken zu wirken. The Mission biedern sich nicht aktuellen Trends an, oder neuen Produzenten, die ihre Platten charttauglich pimpen. Und das ist auch gut so.

Schon der Albumtitel gebende Opener zeigt mir, ich bin wieder angekommen, wo ich mich wohlfühle. Das sind die Klänge, die ich als Soundtrack für diesen Herbst brauche. Meine absoluten Favoriten sind auf der Platte aber dann doch „Meet  Amor Phosis“ oder das bluesige „Only You & You alone“. Ich bekomme gerade bei letzterem eine wahre Gänsehaut. Kerze, Glas Rotwein und diese Platte. Danke!!!

Live sind The Mission immer schon eine sichere Bank gewesen. So wird es mit Sicherheit auch wieder auf dieser Tour sein, die ich persönlich jedem nur ans Herz legen kann.

27.09.2016: Beyond Obsession - Moments Of Truth

 

Es ist als Newcomer schon eine schwere Last. Das erste Album, oh wie toll und aufregend. Das zweite Album mit der großen Angst, ob man irgendwie an das Debut heran kommt. Der große Befreiungsschlag kommt dann meist mit der dritten Platte. Hier kann man die gemachten musikalischen Erfahrungen einfließen lassen und reflektieren, was man vielleicht bei den beiden Vorgängern besser gemacht hätte.

Zum großen hörbaren Befreiungsschlag haben Beyond Obsession jetzt mit „Moments of Truth“ haben sie sich qualitativ neu positioniert. Eine Lücke mit Einflüssen von OMD bis Howard Jones ausgefüllt, ohne noch irgendwie kopiert zu klingen. Bereits der Opener „Louder“ trägt seinen Namen zu Recht. Ich bin überrascht von der professionellen Energie, die von den beiden ausgeht. Eine sehr schöne Melodie und wie ich zugeben muss, keine Stimme mehr von Sänger Nils, die mir gleich auf die Nerven geht, weil er mir in die Ohren plärrt. Er hat an sich gearbeitet. Davon gehe ich aus, da er auch bei „Weight of Words“, meinem ersten Lieblingstrack auf der Platte, seine Stimme besser benutzt als auf den ersten beiden Alben zusammen.

Ich weiß nicht, was Beyond Obsession gemacht haben, nachdem sie vom Trio zum Duo geschrumpft sind, aber es hat ihnen gut getan. Wer sich die Komposition von „Moment of truth“ anhört, weiß gar nicht recht, wo er jetzt befindet. Im Jahre 2016 oder Irgendwo in den 80ern. Der Track weckt nostalgische Gefühle irgendwo bei Erasure oder OMD. Es ist eine Perle auf der Platte. Die Einfachheit ihrer Frühwerke ist Vielschichtigkeit in den einzelnen Tracks gewichen. Fein gemacht.

Und sie verstellen sich nicht auf „Moments of Truth“. Beyond Obsession können noch so die weißen Martens schnüren. Es sind nette Kerle, die eine Schwäche für Synthiepop haben. Und das ist gut so, da man, wenn ich ehrlich bin, Sänger Nils auch den Bad Boy nicht abnehmen würde.

Dafür können sie aber Drama. „Memories Fade“ ist so ein Track. Ein weiterer Track, wo mir auffällt, dass Beyond Obsession weiter gegangen sind. Ein Saxophon hätte ich jetzt nicht erwartet. Das Stück ist in meinen Augen musikalisch sehr anspruchsvoll und zählt zu meinen Favoriten. Wen verabschiedet Nils in dem Stück? Einen imaginären Freund oder vielleicht doch den abhanden gekommenen dritten Mann, der die beiden musikalisch vielleicht ausgebremst hatte? Wer weiß es schon so genau. Beyond Obsession haben sich wahrlich frei geschwommen und den Grundstein einer interessanten Karriere gelegt. Musik für den homo- und heteroerotischen Dancefloor zu gleichen Anteilen. Mehr davon, bitte - danke!

27.09.2016: Assemblage 23 - Endure

Ach, eigentlich ist es doch egal, was Tom Shear macht. Bereits seit dem zweiten Assemblage 23-Album „Failure“ (2001) fresse ich ihm nahezu aus der Hand, was seine Veröffentlichungen angeht. Assemblage 23 klingen zwar jetzt neben VNV Nation oder Covenant nicht einzigartig, aber der typische Style begeistert mich immer wieder. Und auch nach Jahren hole ich immer ganz gerne eine A23-CD raus und lege sie ein. Unterhaltung ist garantiert.

Und auch bei „Endure“ ist es nicht anders. Es ist wie eine Art nach-Hause-kommen. Vom ersten Moment fühle ich mich wohl mit der Platte. Tom Shear hat seine eigene Richtung gefunden und hebt sich immer wieder von den anderen Bands ab.

Ein besonderes Schmankerl ist die Electro-Hymne „Bravery“. Einer der besten Tracks, die Shear in all den Jahren produziert hat. Glücksgefühle hüpfen durch meinen Bauch, auch wenn hier eine gewisse Nähe zu VNV Nation nicht zu leugnen ist. Aber das geht okay.

Was mich aber immer wieder erfreut ist, wenn die A23-Tracks langsamer werden. Schon bei „Call the Dawn“ wird das Tempo gedrosselt, und jetzt zeigt sich besonders die Affinität zu guten Melodien und Stimmungen bei Tom Shear.  Leider geht er auf „Endure“ nicht ganz so weit, wie ich es mir erhofft habe.

Langsam ist es auch für Assemblage 23 an der Zeit, kommerziell mehr Erfolg einzufahren. Nach dieser Platte sowieso. Und Tom Shear arbeitet hart daran. Diverse Livetermine zeigen, dass Assemblage 23 auch live nicht zu verachten sind. Ich habe sie bisher leider nur einmal live sehen können. Aber ich hoffe, dass sich die Möglichkeit bald wieder ergibt.

30.08.2016: Mesh - Looking Skyward

Mesh scheinen auch im Jahre 2016 immer eine sichere Bank zu sein, was feinbekömmliche Klänge für den Nicht-Mainstreammarkt ist. Wie haben sie es immer geschafft, nicht in der Masse unterzugehen oder gar zu Mainstream-Stars zu werden. Wobei ihre Musik letzteres eigentlich schon fast voraussetzt. Poppiger kann Musik für die dunkle Szene eigentlich kaum klingen. Wobei Mesh eigentlich ja gar nichts dafür können, dass sie in der Szene so gerne gesehen werden, wie Frau Sommer aus der Jacobs-Werbung. Wo Mesh drauf steht ist qualitativ Hochwertiges drin.

So jetzt auch, mal wieder, bei der neuen Platte „Looking Skyward“ die es mir dann doch nicht ganz so leicht macht, wie die letzten Alben. Auf der Platte sind wirklich beeindruckende Stücke, wie die Ballade „Tactile“ oder auch „The Traps We Made“. Jedes Stück an sich eine Perle. Kaum fängt die Platte an sich zu drehen, braucht es maximal 10 Sekunden von „My Protector“ und man weiß, wer da am Werk ist.

Zwar heißt es immer wieder, „never change a winning team“ aber leider ist es bei Mesh jetzt wirklich an der Zeit, sich zu neuen Ufern aufzumachen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Olaf Wollschläger will ich ja nicht runterreden, aber wenn ich weiter in die Platte einsteige, vergesse ich doch glatt, welche von den letzten Mesh-Alben ich doch gerade aufgelegt habe. Wollschlägers Einheitsbrei in Puncto Mesh wirkt sich für mich dann doch langsam negativ für die Band aus. Mesh setzen keine Akzente mehr. Im Gegensatz zu solchen innovativen Alben wie „The Point witch will fall us apart“ oder „Who watches over me“.

Schade eigentlich, da die Kompositionen für mich wirklich Hitpotenzial haben. Aber in der Summe leider nicht so, wie ich es mir erhofft habe. Trotz allem prophezeie ich Mark und Richard viel Erfolg mit der Platte. Gerade auch weil es mit Sicherheit nicht einfach ist, einen würdigen Nachfolger für das 2013er „Automation Baby“ in die Welt freizulassen. In der Summe haben sie das Klassenziel zwar erreicht, allerdings ohne einen süßen langanhaltenden Nachgeschmack zu verursachen.

Es bleibt aber zu erwarten, dass Mesh die Defizite der neuen Platte auf den kommenden Konzerten im September/Oktober locker wieder gut machen. Denn Livepotenzial haben die Stücke auf jeden Fall. Mit Schlagzeug und Gitarre werden sie den Stücken noch mehr Leben einhauchen. Bestimmt!

 

24.05.2016: De/Vision - 13

Es gibt wohl kaum eine Band aus Deutschland, die im Mainstream immer wieder so unterschätzt wird wie De/Vision. Dabei sind die Jungs musikalisch so breit aufgestellt wie kaum eine andere Band. Mal rockig, mal Electro, mal eher verhalten und mal voll auf die Fresse.

Musikalisch relevant sind De/Vision für mich erst seit 1999 mit dem Album „Void“. Da hatten sie ihren ersten Höhepunkt bereits hinter sich gebracht. Das „Void“-Album ist für mich in den folgenden Jahren immer wieder ein Standard gewesen, an dem ich De/Vision gemessen habe und wo es immer schwer war, eine ebenbürtige Platte in ihrem Repertoire zu finden.

Jetzt legen De/Vision bereits ihr dreizehntes Album mit dem einfallsreichen Namen „13“ vor, und ich hüpfe vor Freude durch die Wohnung. Denn mit dieser Platte spielen sie alle Camouflages und Meshs der Welt locker an die Wand. Die Mischung aus Electroeinflüssen und konventioneller Rock/Popmusik werden aufgebrochen und neu definiert. Warum ich sie mit Camouflage oder Mesh vergleiche? Nun ja, die Musik dieser drei Bands ist nahezu austauschbar und man fragt sich, wer das Rad neu erfunden hat. Und so toll auch die Platten der anderen beiden Bands sind, De/Vision stechen immer wieder daraus hervor.

Egal ob es das fast schon dreckige „Who I am“ oder dann wieder das poplastige „Essence“ ist, welches in der Zielgrade ein tolles musikalisches Finale feiert. Der Einstieg in die Platte ist schon mal verdammt gut gelungen.

Und der Faden an guten Klängen führt sich durch die Platte weiter. „Where is the light“ ist ebenso eine Perle wie das schwergängige „Prisoner“. Dabei fällt mir auf, dass Steffen Keth in den letzten Jahren auch ein respektabler Sänger geworden ist, wenn man ihn mit den Frühwerken der Band vergleicht.

Bemerkenswert finde ich die Veröffentlichungsformen von „13“. Bereits zum zweiten Mal finanzieren De/Vision ihre Platte mittels Crowd-Founding in Form einer Pledge-Kampagne. So kommen die Fans in den Genuss besonderer Versionen der Platte. Box-Sets, Vinylpressungen etc.

De/Vision zeigen mit „13“, wie sehr sie gewachsen sind im Laufe der Jahre. Mainstream ist kein Thema mehr.  Steffen und Thomas machen ihr ganz eigenes Ding, welches nicht nur hier zu Lande seinesgleichen sucht.

 

22.05.2016: NINA - Beyond Memory EP

 

NINA ist gar nicht mehr ein so unbeschriebenes Blatt. Als Support Act (u.a. Erasure) ist die Berlinerin mit Wohnsitz in London bereits seit einiger Zeit erfolgreich unterwegs.

Jetzt legt NINA ihre neue EP „Beyond Memory“ vor, die mich ein bißchen in der Vergangenheit schwelgen lässt. Der Titeltrack „Beyond Memory“ erinnert mich ein wenig an die gute alte Zeit des Electropop oder stellenweise auch an den Italopop der Achtziger. Die Arragements sind nicht kopiert, sondern angelehnt, und vor meinem geistigen Auge schwebt keine geringere als Valarie Dore durch den Raum. Was weiß Gott keine schlechte Referenz ist. Der Track macht Spaß und zeigt auf, dass neben LaRoux und Robyn weiterer Platz frei ist, wo auch Künstlerinnen dem Revival der Achtziger folgen, ohne billig zu klingen.

Beim dem zweiten Stück holen wir den Weichzeichner mal raus und träumen vor uns hin. „Purple Sun“ würde ich jetzt nicht als Engtanzballade abstempeln wollen. Der Track ist schon fett und steht dem Titeltrack der EP in nichts nach.

Dass aber auch in der Komposition von „Purple Sun“ mehr stecken kann, zeigt der anschliessende „Ocillian Sun Dream Remix“, der aus „Purple Sun“ einen angenehmen Floorfiller macht.

NINA überbrückt mit der EP ganz wunderbar die Wartezeit bis zu Ihrem kommenden Album, bei dem sie mit keinem geringeren als mit Richard X (New Order, Erasure, Depeche Mode) zusammen arbeiten wird. Von daher wird es nicht langweilig für NINA. Im Herbst 2016 kann man sie dann auch live als Supportact für De/Vision erleben.

8th October, 2016 ­ Hamburg, Germany Markthalle (DE/VISION support)

14th October, 2016 ­ Erfurt, Germany HSD (DE/VISION support)

15th October, 2016 ­ Frankfurt, Germany Das Bett (DE/VISION support)

28th October, 2016 ­ Oberhausen, Germany Kulttempel (DE/VISION support)

29th October, 2016 ­ Munich, Germany Backstage (DE/VISION support)

26th November, 2016 ­ Dresden, Germany Kleinvieh (DE/VISION support)

2nd December, 2016 ­ Hannover, Germany Musikzentrum (DE/VISION support)

 

 

 

09.04.2016: Pet Shop Boys - SUPER

Ach, was soll ich denn sagen? Da sind sie wieder. Auch die Pet Shop Boys, mittlerweile auch schon mehr als dreißig Jahre erfolgreich, leben immer noch und schicken sich an, es den jungen Künstlern (?) von heute nochmal zu zeigen.

„Super“ heißt ihr dreizehntes Album und ich gestehe, ich war nicht wirklich darauf erpicht, noch ein weiteres Album zu ertragen. Haben Neil Tennant und Chris Lowe mit ihrem vorvorletzten Album „Yes“ (2009) ihren Zenit im Herbst ihrer Karriere markiert und mit dem luftleeren Album „Elyseum“ (2012) bewiesen, dass die Luft jetzt raus ist und die Party dem Ende entgegen geht. Dann, nicht einmal ein Jahr nach „Elyseum“ überraschten sie mit dem Album „Electric“ (2013) in der Art, dass sie eine verdrehte Mischung aus Bobby Orlando-Sounds und nervigem Gefiepe produzieren, mit dem sie sich bei mir ein Stück weiter ins Abseits befördert haben.

Nun also „Super“. Langsam muss den beiden doch die Reihe an Schlagwörtern für irgendwelche Alben ausgehen. Wie mir dabei auffällt, sind die Albumtitel der Pet Shop Boys immer schon kurz und prägnant gewesen. „Please“, „Very“, „Yes“… Neil Tennant muss Martin Gore dafür hassen, dass der Name „Ultra“ bereits vergeben ist.

Was mir als erstes bei „Super“ auffällt ist, dass die Pet Shop Boys wieder ein Stück dazu zurückgegangen sind, Songs zu schreiben. Während „Electric“ nur noch Tracks beinhaltet hat, findet man diesmal wieder einige wirklich tolle Popperlen, wie z.B. die erste Single „Pop Kids“ oder das wundervolle „Twenty Something“, bei dem ich beim Intro irgendwie an die Stimmung aus alten „Actually“-Tagen erinnert werde. Ebenso geht es mir beim Intro von „Groovy“. Wenn sie was können, dann ist es Popmusik produzieren, und auch wenn sie diese nicht neu erfinden, definieren sie die Popmusik immer wieder überraschend neu. Die Mischung aus Disco und Pop ist die Grundessenz von „Super“ Und sie setzen sich damit von so einigen Weggefährten gleichen Semesters gekonnt ab. Wer kein Hintergrundwissen bei den Pet Shop Boys hat, wird beim Hören der Platte nicht vermuten, dass die beiden Akteure schon um die sechzig Jahre auf dem Buckel haben. In dem Fall kann man sagen, Popmusik hält jung.

Aber zurück zur Platte, natürlich hat auch „Electric“ seine Spuren auf „Super“ hinterlassen. Aber ich fühle mich nicht in der Gay-Disco eingesperrt, sondern kann mich auf „Super“ austoben. Als absolute Highlights sind für mich auf jeden Fall „Pazzo!“ und „Inner Sanctum“ zu empfehlen. Ich komme fast aus dem Schwärmen nicht wieder raus. So gefesselt bin ich von der Athmosphäre von „Inner Sanctum“

Mit „Super“ haben sich die Pet Shop nach den beiden eher enttäuschenden Alben wieder zurückgemeldet und machen wieder Spaß. Unterstützt wird die Freude dann auch noch dadurch, dass sie gegen Ende des Jahres dann auch wieder auf Tour gehen werden. Und wer die Pet Shop Boys mal live gesehen hat, der weiß, dass es mit sehr viel Spaß verbunden ist. Mit der „Super“ im Gepäck wird es eine riesige Disco-Party werden. Versprochen!

 

26.03.2016: Karl Bartos - Communication

Es ist ja immer wieder das gleiche. Wenn ein Musiker eine äußerst erfolgreiche innovative Band verlässt Wer weiß schon, welche Auswirkungen es haben kann. Das gab es im Rock`n Roll schon zur Genüge, und auch in der elektronischen Musik kommt das schon mal vor. Aber was bleibt dann übrig? Wer war jetzt wichtiger, der Musiker oder die Band? Wo war der kreative Mittelpunkt, und wer hat seine Spuren wo hinterlassen?

Bei KRAFTWERK war es für mich immer die Einheit Hütter-Schneider gewesen. In früheren Jahren war mir oftmals nicht bewusst, welche Rolle Karl Bartos bei KRAFTWERK gespielt hat. Nachdem Bartos KRAFTWERK 1995 verlassen hatte, hatte er sich vorerst zurück gezogen. Bis er 2003 sein erstes Album „Communication“ veröffentlichte. Dass ein Vakuum bei KRAFTWERK entstanden sein muss, hatte man zu Zeiten des EXPO-Soundtracks vermutet. Das habe ich allerdings auf die fortschreitende Entwicklung der elektronischen Musik bezogen. Bei „Communication“ war es dann offensichtlich geworden, wo die Kreativität bei KRAFTWERK geblieben ist. Karl Bartos hat sie mitgenommen und hat ein Album geschaffen, welches sich viele mit Sicherheit aus dem Hause Kling-Klang gewünscht hätten. Natürlich klingen die Voices ähnlich denen, die man auch früher bei KRAFTWERK gehört hat, wobei Bartos im Vergleich zu seiner Vorband angefangen hat, mit der Musik und den Klängen wieder zu spielen. Stücke wie „15 Minutes of Fame“ oder auch „Electric Apeman“ klingen locker und verspielt, und Bartos singt nicht nur durch den Vocoder welches ihn wieder mehr menschlich erscheinen lässt.

Da „Communication“ 2003 bei seiner Erstveröffentlichung durch eine zeitgleiche Veröffentlichung der „Tour de France Soundtracks“ völlig zu Unrecht in den Schatten gestellt wurde, wird das Album jetzt nochmals veröffentlicht. Und diesmal ist die dem Album geschenkte Aufmerksamkeit mehr als berechtigt. Selbst 13 Jahre nach der Veröffentlichung klingen die Sounds mehr als frisch und aktuell. Auch wenn Karl Bartos die elektronische Tanzmusik nicht neu erfindet, befindet man sich auf einer interessanten Zeitreise, ohne dass die Platte an irgendeiner Stelle Staub ansetzen würde.

Das Kernthema der Kommunikation zieht sich durch das gesamte Album, und trotz oder vielleicht auch gerade wegen des Themas zeigt sich, dass es auch die ganzen Jahre über nicht an Aktualität verloren hat. Vielleicht ist es eher eine Vision auf das, was wir heute erst haben. Kommunikation ist allen Bereichen. Informationen werden noch mehr konsumiert als damals noch, und es wird täglich mehr. Damit hat sich Karl Bartos auf seine Art auseinandergesetzt und Weitsicht im Blick zurück nach vorne gewagt.

Während Ralf Hütter seit mittlerweile 13 Jahren immer noch davon träumt, ein Roboter zu sein, so nimmt Karl Bartos die Maske ab und lächelt. Das zeitlose Dokument zeigt auch auf, dass Bartos ein wichtiger Teil einer Band gewesen ist, die mit Sicherheit ohne sein Zutun es nicht geschafft hätte, vor dreißig bis vierzig Jahren uns bereits die Zukunft so auf zu zeichnen.

Karl Bartos war ein Roboter, der tadellos funktionierte. Jetzt wird kommuniziert. Und ich höre ihm gerne dabei zu.

 

 

19.03.2016: Mono Inc. - LIVE (BlueRay/DVD)

Wenn ich so überlege, ist es knapp ein Jahr her, dass ich gefragt wurde, ob ich nicht mal in das kommende Album von Mono Inc. rein lauschen wolle. Die Machart mit Cowboy und Wüste hatte mich damals irritiert, aber auch neugierig gemacht. Hatte ich mich doch sonst nie sonderlich mit ihnen beschäftigt. Aber „Terlingua“ hat für mich viele Sprachen gesprochen und mir gezeigt, wie vielfältig diese Band sein kann. Dann ein Treffen mit Martin Engler und Carl Fornia, wo noch über die kommende Tour philosophiert wurde. Und leider hab ich dann auch noch das Konzert verpasst. Es hatte nicht sollen sein. So habe ich aber bis heute auch keine Vorstellung, wie ein Mono Inc.-Konzert denn wirklich ist.

Wenn man mit einer Tour mehr als zufrieden ist, gehört es heute zum guten Ton, am Ende eine Live-DVD zu produzieren. Das haben sich auch Engler und Co. Gedacht, und so schaue ich gerade zum x-ten Mal mittlerweile die erste Mono Inc.- DVD mit dem simplen Namen „Live“. Und ich bin echt überrascht von der Bühnenpresenz der Band.  Natürlich lebt so ein Konzert von der Show, die geboten wird. Mit Licht, Feuer und einem guten Frontmann. Und Martin Engler ist, auch wenn ich ihn nicht schon einmal kennen gelernt hätte, so eine sympathische Person, den man in sein Herz schließen muss. Umgeben von Carl und Manuel Antoni wird das Ganze nur noch durch das äußerst strahlende Lächeln von Drummerin Katha Mia in den Schatten gestellt.  Die Band legt eine Spielfreude an den Tag, die ich eigentlich bei einer Band, die eher dem düsternden Rock zugewandt ist, so offensichtlich nicht erwartet hätte. Es wird gelacht auf der Bühne, trotz aller Posen, und auch auf der DVD kann man eine gewisse Interaktion mit dem Publikum wahrnehmen.

Aufgenommen wurde das Konzert im ehrwürdigen Dresdener „Alter Schlachthof“ und bietet einen Querschnitt durch die letzten Alben von Mono Inc. Und zu keinem Zeitpunkt entsteht eine Lücke im Programm. Es gibt für mich keine Fülltitel, selbst das Gary Moore-Cover „After the war“, welches Mono Inc. 2012 zum Albumtiteltrack gemacht haben, oder auch „Chasing Cars“, im Original von Snow Patrol , finden ihren berechtigten eigenen Platz in der Setlist.

Natürlich wurde in der Nachproduktion noch am Ton gefeilt. Das macht ja jeder, aber die Tonspur klingt für mich nicht überproduziert und unecht. Die Bildqualität lässt für mich keinen Wunsch offen. Alle Gegebenheiten der Show sind sehr gut und authentisch eingefangen, und auch beim genauen Hinschauen kann ich an der Bildqualität an sich nichts aussetzen. Da habe ich von anderen Künstlern schon weitaus wünschenswertere Live-DVDs zu Gesicht bekommen.

Schließt sich mit der DVD ein Zyklus? Nein, es ist eine Zwischenbilanz, wo Mono Inc. jetzt gerade stehen. Derzeit sind sie immer noch auf großer Deutschland-Tour die im Anschluss dann in eine Unplugged-Tour übergehen wird. Die DVD ist nicht nur für Fans sondern auch für Neueinsteiger mehr als empfehlenswert.

 

15.02.2016: Jeanne Added - Be Sensational

Extravagant? Extraordinär? Sensationell? Immer wenn es um Künstler aus dem Französischen geht, fallen einem meist solche Begriffe ein. Alles, was aus Frankreich kommt, kann gar nicht normal sein und sich mit dem üblichen Mainstream messen lassen. Dabei bringt gerade auch der französische Markt immer wieder Überraschungen, mit denen man so nicht gerechnet hat.

Die neue musikalische Überraschung soll nun also Jeanne Added sein. Mal aneckend und mal anmutend. Aber immer etwas anders als alles andere. So werde ich dann auch von ihrem Debutalbum, das eher zurückhaltend „Be Sensational“ getauft wurde, empfangen. Die Warnung „A War is coming“ ist der Einstieg, wobei die Stimme von Jeanne Added immer eindringlicher wird. Unterlegt wird das ganze von einem Mix aus Electroclash und teilweise klassischen Rockakkorden. Es klingt sehr vielversprechend, was da auf meine Ohren trifft. Wobei Jeanne Added hier dann doch auf Nummer Sicher geht und lieber die englische Sprache nutzt. Das tut der Schrägheit aber keinen Abbruch. Schon der Opener kann sich international messen lassen.

Stücke wie das treibende „It“ oder auch „Back to Summer“ wirken für mich gerade in höheren Lautstärken extrem animierend, das Tanzbein zu schwingen. Wobei der Glaube, dass „Be Sensational“ ein reines Tanzalbum ist, weit gefehlt ist. Gerade das pompöse albumbetitelnde Titelstück lässt erahnen, dass Jeanne Added eine gute musikalische Ausbildung genossen hat. Die Arrangements sind sehr einfühlend, nahezu klassisch. Die dramatischen Streichersequenzen, die Percussions, all das lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Wer auf seinem Erstlingswerk solche Klänge unterbringt, lässt auf weitere Ergüsse hoffen.

Kann Popmusik anspruchsvoll sein? In diesem Falle auf jeden Fall. In diesem Fall hat Jeanne Added die eigene Messlatte gleich zu Beginn sehr weit oben angelegt. Zu Recht.

Wer sich einen ersten Eindruck von Jeanne Added machen möchte, dem sei das Youtube-Video von der Deezer-Session wärmstens zu empfehlen. Es zeigt, wie viel Kraft und Energie in der Platte liegt; und ein kleiner Tipp am Rande, hört es laut!!!

 www.jeanneadded.com

 

29.10.2015: Dave Gahan & Soulsavers - Angels & Ghosts

Da ist es ja nun endlich. Alle haben drauf gewartet und jetzt wird es heiß diskutiert. Ist Dave Gahan noch der Tanzbär von Depeche Mode, oder ist er was viel Größeres geworden. Schon bei dem ersten Album mit den Soulsavers hat Dave Gahan eine ganz neue Seite gezeigt, die ihm leider nicht jeder abnehmen will. Der Mann hat den Blues und den Soul für sich entdeckt. Das ist Fakt. Ich wage auch zu behaupten, dass sein Einfluss auf das letzte Album von Depeche Mode weitaus größer war, als viele zugeben möchten.

„Angels & Ghosts“ macht im Grunde genau da weiter, wo „The Light the dead see“ aufgehört hat. Nur, dass Dave Gahan und Rich Machin eine gewaltige Schippe oben drauf gepackt haben. Das Album hat mehr Dampf und ist noch mehr bepackt mit wahren Perlen. Ob nun die Blues/Gospelhymne „Shine“, die Dave nach den Berliner Wasserspielen 2013 eingefallen ist oder gleich das folgende „You owe me“. Ich falle in einen Strudel aus Bildern in meinem Kopf, die auch nach dem Album nicht verblassen wollen.

So eine Platte kann man nicht besser ankündigen, als mit einem Stück wie „All of this and nothing“. Vom ersten Moment an hat Dave Gahan mir gezeigt, dass es ein Leben nach Depeche Mode geben könnte, wenn nicht sogar ein Leben nach dem Tod. Natürlich wollen wir ihn alle weiter als Tanzmaus auf der Depeche Mode-Bühne sehen, aber ich glaube daran, dass der Mann uns noch lange erhalten bleiben wird. Dabei ist er ein bisschen der Ronan Keating der Fiftys-Generation. Er wird nun mal das DM-Image nicht los, auch wenn er noch so tolle Platten macht. Und da kommen die Kritiker dann auf den Plan, die sich über Daves Ambitionen hermachen, organische Musik zu machen.

Mein absoluter Höhepunkt auf der Platte ist dann „Don’t cry“. Dave leidet so schön, dass man sich von dem Gefühl anstecken lässt, seinen Nächsten in den Arm zu nehmen und tröstende Worte zu spenden.

Würde man mich fragen, wer besser ist, Dave Gahan und die Soulsavers oder Dave Gahan und Depeche Mode, würde man mich in eine Zwickmühle bringen. Ich könnte diese Frage nach einem Stück wie „My Sun“ nicht mehr ehrlich beantworten. Es ist, als wenn Gahan das Licht am Ende des Tunnels gesehen hat und uns den Trost spendet, dass alles irgendwann mal gut wird. Und wenn ich den Track als Endtrack höre, glaube ich ganz fest daran.

Und genauso, wie ich mir nach „The light the dead see“ gewünscht habe, dass es irgendwann mal in dieser Konstellation weiter geht, so kommen schon jetzt bei mir Wünsche auf, dass es auch nach „Angels & Ghosts“ irgendwann weiter gehen wird. Ich bin auf jeden Fall dann dabei.

 

29.10.2015: Eisfabrik - Eisplanet

Von Mal zu Mal werden neue Formationen in der Elektroszene aus dem Boden gestampft, die sich in irgendwelchen Elektropop-Projekten verlieren. Einfallslos, talentlos. Ab und zu sticht dann aber auch mal ein Projekt unter der ganzen billigen Ware hervor, wo es sich lohnt, ein zweites und auch gerne ein drittes Mal zuzuhören.

Zu letzterem gehört mit Sicherheit das Projekt Eisfabrik. Mit „Eisplanet“ legt die Band ihr zweites Album vor und siedelt sich irgendwo zwischen den Stilen von VNV Nation, SITD oder Seabound an, was diesmal keine schlechte Referenz ist. Die Landschaft, die auf „Eisplanet“ gezeichnet wird, ist kalt und einsam. Weiten von Schnee und Eis, und man fühlt sich in dieser Atmosphäre beinahe gefangen.

Eisplanet bauen mit dieser Platte ein Konzept auf, von dem sie auch die gesamte Platte über nicht sonderlich abweichen. Wobei aber keine Langeweile aufkommt. „Walking towards the sun“ oder „White Storm“ gehören bereits beim ersten Durchlauf zu meinen Favoriten. Das Wechselspiel zwischen deutschen und englischen Texten wirkt sich überhaupt nicht negativ auf die Stimmung der Platte aus. Dabei weiß man ja, dass es mit deutschen Texten schnell mal holprig werden kann.

Die Tracks laden allesamt zum Tanzen ein. Nicht nur durch die harten Beats, sondern auch durch Melodien, wo stellenweise auch ein Ronan Harris neidisch werden könnte. Ich neige dazu zu sagen, dass „Eisplanet“ stellenweise da weitermacht, wo VNV Nation aufgehört haben, innovativ zu sein.

 

19.10.2015: New Order - Music Complete

Es passiert ja immer wieder, dass sogenannte 80er Bands sich mal wieder melden und eine neue Platte machen. Das kann oft ganz nett sein, oder voll in die Hose gehen. Wenn so eine Band nicht gerade Depeche Mode oder U2 heißt, die zur Not auch Sonderangebote im Baumarkt erfolgreich vertonen könnten, wird ein Überlebenszeichen oft nur müde belächelt und schnell vergessen.

Nach dem, welche Reaktionen alleine schon die Nachricht, dass New Order jetzt bei dem Kult-Label Mute-Records unter Vertrag  sind, hervorgerufen hat, muss das erste Fulltimealbum seit 2005 (Waiting for the Sirens Call) ein Meisterwerk sein. Mute würde wohl kaum irgendwelchen abgehalfterten Helden eine schlechte Bühne bieten wollen und seinen eigenen traditionsreichen Namen in den Dreck ziehen wollen.

Dabei war es ja gar nicht so klar, ob es New Order jetzt noch gibt oder nicht. Schließlich hatte ja Peter Hook von seiner Seite aus erklärt, dass er die Band verlässt und es New Order fortan nicht mehr geben würde. Er hätte das evtl. im Vorwege mit Bernard Sumner & Co. Besprechen sollen.

Jetzt sind New Order zumindest wieder da. Hooky wurde erfolgreich durch Phil Chapman ersetzt und Phil Cunningham als zusätzliche musikalische Kraft rekrutiert. Eine Frischzellenkur, die der Band anscheinend sehr gut getan hat.

„Music Complete“ ist wohl das erste New Order-Album, welches mir vom Anfang an gefällt. Obwohl man zugeben muss, dass mit der Vorabsingle „Restless“ nicht unbedingt das beste Pferd im Stall ins Rennen geschickt wurde. „Restless“ ist am ehesten als Bindeglied zwischen der alten und der neuen Band zu sehen. Das Neworderische-Gitarrenspiel, welches Peter Hook früher eingebracht hat, steht nicht ganz so im Fokus, aber ein dezenter Verweis ist trotzdem vorhanden.  Wenn man bei so einer Platte davon sprechen kann, dass sie potenzielle Hits enthält, dann ist für mich „Singularity“ wohl das beste Beispiel. So frisch und tanzanimierend habe ich es nicht erwartet. Ebenso ist es aber auch mit „Plastic“. Dass hier eine Band am Werke ist, die bereits auf mehr als 35 Jahre Musikgeschichte zurück blicken kann, muss einem erst mal klar werden.

New Order haben sich auf „Music Complete“ auch soweit geöffnet und einen Brückenschlag zu aktuellen Bands und Künstlern getätigt. So wird Bernard Sumner u.a. von Elly Jacksen (LaRoux), Brandon Flowers (The Killers) und keinem geringeren als Iggy Pop bei den Vocals unterstützt. Gerade bei „Tutti Frutti“ zeigt sich, welche Bandbreite an musikalischer Inspiration dort am Werk gewesen ist. Stephen Morris, der in den letzten Jahren sein Faible für elektronische Tanzmusik wiederenddeckt hat, Elly Jackson im Background, Tom Rowlands (Chemical Brothers), der den Track produziert hat und Richard X (Pet Shop Boys, Depeche Mode, Goldfrapp), der alles mischte. Hier ziehen New Order gewaltig vom Leder und brauchen sich nicht hinter den aktuellen Bands verstecken. Im Gegenteil, es wird sich von den aktuellen Bands wohl kaum welche finden, die nach der langen Zeit so frisch und ehrlich klingen.

„People on the high line“ kann nur noch mit eigenen Waffen geschlagen werden. Muss ich seltsamerweise bei dem Track am ehesten eine musikalische Assoziation mit dem Überhit „Blue Monday“ finden.

Aber jetzt Vorhang auf für Iggy Pop. Für den Track „Stray Dog“ hat Iggy seine Lyrics eingesprochen. Seine dunkle rauchige Stimme ergänzt den Soundtrack, bei dem ich mich ernsthaft noch frage, ob das noch die New Order-Platte ist. Sie ist es, und es reiht sich ein Hit an den nächsten. Doch dann ziehen New Order die Bremse und mit „Nothing but a fool“ fühle ich mich ein bisschen an frühere Werke erinnert. Ohne diesen Zeiten nachzutrauern, reißen New Order das Ruder rum und gemäß dem Albumtitel zeigen New Order eine andere Seite, nämlich die einer Band, die immer noch zusammen auch einfach Musik machen kann.

Kann so eine Platte dann noch ein Ende finden, welches einen glücklich macht? Auf jeden Fall. Ich habe kaum eine Platte gehört, die so ein Finale hat wie hier mit „Superheated“ Vor meinem geistigen Augen stehen Bernard Sumner und Brandon Flowers, der wirklich verdammt gut in diesen Track passt, im Goldregen und schmettern den hymnenhaften Refrain, bevor sie Hand in Hand dem Sonnenuntergang entgegen gehen. Der Schulterschluss der Generationen ist geglückt.

Mit „Music Complete“ kommt es mir vor, als hätten New Order aus jeder Dekade der Bandgeschichte eine Prise einfließen lassen. Eine Best-Of-Compilation, gespickt mit Songs, die bisher nicht aufgenommen wurden.

 

25.08.2015: Joachim Witt - Ich

Oh! Jetzt bin ich aber überrascht. Nachdem Joachim Witt mit seinen letzten beiden Alben sehr einen auf dicke Büx gemacht hat, hält sich der Herbergsvater auf „Ich“ eher bedeckt. Keine großen Hymnen wie „Gloria“ oder „Aufstehen“.

„Ich“ klingt gerade im Vergleich zum letzten Album „Neumond“ sehr akustisch und vielleicht auch altersweise. „Über das Meer flüchtet der Wind; nimmt alles mit, was nicht mehr stimmt“ singt Witt bei „Über das Meer“. Der alte Mann, der auf dem Deich sitzt und seine Pfeife raucht. Der „Wolle des Darkpop“ hat ausgedient.

Vielleicht ist es auch gar nicht so verkehrt, dass die neue Witt-Platte sich von dem Englerischen „Neumond“ distanziert. Joachim Witt findet zu sich zurück und wartet auf Wunder. Das ist Joachim Witt, ungefiltert.

„Ich“ wurde diesmal auch nicht fremdproduziert, sondern produziert, Aufgenommen und abgemischt von Joachim Witt in Eigenregie. So entfernt er sich auch von seinen Vorgängeralben, weil Witt hier ganz eigen ist. Düster, ja das ist er immer noch. Aber die harten Bayreuth-Riffs fehlen hier komplett. Das nimmt dem gesamten Album das Tempo und verleitet nicht dazu, die Anlage voll aufzudrehen, sondern oder genau jetzt mal wirklich auch zuzuhören, was Joachim Witt zu sagen hat.

Stücke wie „Bitte geh mir aus dem Weg“ oder „Hände hoch“ sprechen ihre eigene Sprache. Joachim Witt spricht sein Gegenüber direkt an. Mal hinterfragend, mal belehrend, wobei er auch wieder teilweise recht klare Worte wählt. „Jedem wird schlecht und jeder scheißt“, das traut sich nur ein Joachim Witt in einem Stück wie „Wievielmal noch“. Die Frage, wie viele Träume einem noch entstehen, kann auch ein Witt nicht beantworten. Aber er scheint darauf vorbereitet zu sein, dass man irgendwann aufhört zu träumen.

Es hört sich schon interessant an, was Joachim Witt 1971 so alles erlebt hat. Der Refrain von „1971 oder Mädchen aus Amerika“ erinnert mir ein wenig an die skurrilen Zeilen, welche er schon zu Silberblick-Zeiten kreiert hat. Ob sich jemand angesprochen fühlen wird?

„Ich“ ist vielleicht wirklich das persönlichste Album von Joachim Witt. Und, ich möchte es nicht beschwören, vielleicht auch eine Platte, wo sich der Kreis schließen wird. Es klingt wie ein Abschied. Ob von der Bühne oder von seinem vergangenen Leben, das kann Joachim Witt nur selbst beantworten.

25.08.2015: BOY - We Were Here

Ach da sind sie ja wieder. Es hat ja lange gedauert, bis wir endlich mal wieder was von BOY hören; dem Mädchenduo, welches 2011 bereits mit dem Erstling „Mutual Friends“ recht positive Resonanzen einfahren konnte.

„We Were Here“ strahlt eine stimmige Ruhe für mich aus. Genau die Platte braucht man, um auch mal runterzukommen und auf eine Gedankenreise zu gehen. Die gleichnamige Single „We Were Here“ klingt fast hymnenhaft, ohne aufdringlich zu wirken. Und eröffnet ein ohrales Meisterwerk. Zugegeben, bin ich ein Fan von Valeska Steiners Stimme. Sie könnte für mich auch das Telefonbuch runtersingen. Es passt einfach perfekt zusammen.

Oftmals habe ich die Erfahrung gemacht, dass wenn die aktuelle Single ein Album eröffnet, es danach nur noch mit halber Kraft weitergehen kann. Aber bei „Fear“ werde ich gleich eines Besseren belehrt. Der Track hat für mich Hitpotenzial. So etwas möchte ich 2015 im Radio hören, um positiv unterhalten zu werden. Komme ich aber zu „Hit my Heart“, muss ich beinahe schon wieder meinen Lieblingstrack der Platte neu definieren. „No Sleep for Dreamer“ klingt für mich unheimlich bekannt, obwohl ich diesen Track hier und jetzt das erste Mal hören darf.

Ebenso geht es mir bei „New York“ und bei „Rivers or Oceans“. Ich fühle mich bei dieser Platte vom ersten Ton heimisch und aufgehoben. BOY kreieren hier die Popmusik 2015 völlig neu und mit einer harmonischen Ruhe, dass ich mich schon freue, an kalten Herbsttagen bei Kerzenlicht diese Platte zu hören. „We Were Here“ wird für mich ein wichtiger Bestandteil für den Soundtrack für die kommende dunkle Jahreszeit.

Es ist schon fast peinlich, an dieser Platte absolut nichts Negatives zu finden. Nach dem Achtungserfolg des ersten Albums ist „We Were Here“ ein wichtiger, wenn nicht vielleicht der wichtigste Baustein, der den Erfolg von BOY manifestieren soll.

25.08.2015: Leichtmatrose - Du, ich und die anderen

Ich muss ja zugeben, dass ich schon sehr lange auf diese Platte gewartet habe. Angefixt durch die Single „Jonny fand bei den Sternen sein Glück“ hat es doch noch gut ein Jahr gedauert, bis der Leichtmatrose wieder im Hafen fest macht. Aber das Warten hat sich mehr als gelohnt.

Abseits der aktuellen Welle an abertausend neuen deutschen Künstlern, schickt der Leichtmatrose den Hörer auf eine falsche Route, um dann in den Untiefen des Wortes eiskalt zuzuschlagen.

„Du, ich und die anderen“, so der Titel des zweiten Matrosen-Albums, ist nur so vollgestopft mit tollen Melodien, die zeitweilig aus den Boxen tropfen. „You say hello, und grienst und denkst und glaubst, das könnte lässig sein. Ich denke nur, ich hau Dir Deine Fresse ein…“ so werde ich bei „Dalai Lama“ empfangen. Vom ersten Wort an bin ich von der Platte gefesselt. Mastermind Andreas Stitz bewegt sich in schwulstigen Phrasen und sagt doch nur das, was wir alle von den Frauen halten, die uns auflaufen lassen.

Gerne wird die Musik von Leichtmatrose als „organischer Elektro-Chanson“ beschrieben. Das passt wie die Faust aufs Auge. Während ich stimmungsvoll mit dem Fuß wippe, stolpere ich über die bitteren Texte von „Sternenstaub“. Hier wird das Thema vom Ende der Welt behandelt, dass einem die süßen Bonsche im Hals stecken bleiben können.

Zu „Jonny…“ brauche ich nicht mehr viel sagen, nur vielleicht, dass ich es wirklich schade finde, dass die Single letztes Jahr kommerziell nicht höher gestiegen ist. Immer noch ein Hit! Ebenso wie „Hier drüben im Graben“. Mal davon abgesehen, dass Joachim Witt den Leichtmatrosen unterstützt, bekomme ich bei dem Stück Bilder im Kopf. Ein Anti-Kriegslied, welches mit Sicherheit an keinem genauen Krieg festzumachen ist. Für mich zeichnen der Leichtmatrose und der Herbergsvater ein Bild im ersten Weltkrieg auf. Ich bekomme bei der Atmosphäre des Stückes eine Gänsehaut.

„Adieu Marie“ ist ein weiterer Track, den ich ins Herz geschlossen habe. Es kann so befreiend sein, sich von einem Menschen zu trennen. Bitterböser Text, aber treffend. Ein Stück, das ich mir sogar in den Clubs gut vorstellen könnte.

Der Herz-Schmerz, mit dem „Du, ich und die anderen“ vollgepackt ist, muss seine Zielgruppe finden. Nicht viele deutsche Künstler schaffen es, das deutsche Wort so anzuwenden, wie der Leichtmatrose auf dieser Platte. Die Platte gehört für mich zu einer der besten deutschsprachigen Platten, die bis jetzt 2015 erschienen sind. Und ich kann mir kaum noch vorstellen, dass da noch etwas kommen kann, was diese Platte übertreffen könnte.

17.05.2015: Mono Inc. - Terlingua

 

Okay, ich kenne Mono Inc. ja mittlerweile auch schon ein paar Jahre, habe mich aber ehrlicherweise mit dieser Band nicht so intensiv beschäftigt. Warum eigentlich? Vielleicht, weil die Musik von Mono Inc. sehr eingängig ist und in mir schnell Assoziationen mit der UNHEILIG-Geschichte aufkommen, die eigentlich völlig deplatziert sind. Im Zuge der Vorbereitung auf das Album „Terlingua“ habe ich mich dann nochmal intensiv mit den letzten Platten von Mono Inc. beschäftigt und trotz aller Eingängigkeiten eine kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Band erkannt.

Wenn ich mir jetzt das neue Album so betrachte, ohne vorher einen Ton zu hören, denke ich, dass Mono Inc. jetzt halt auf die Boss Hoss-Schiene aufsteigen wird. Zu schnell lasse ich mich durch das Cover, welches Martin Engler in bester Western-Pose zeigt, in die Irre führen. „Terlingua“ ist zwar ein kleiner Ort in Texas/USA, wo Mono Inc. das Album aufgenommen haben, aber mehr Western gibt es nicht auf der Platte. Zum Glück! „Terlingua“ startet sehr kraftvoll mit „Mondschein“, und schon hänge ich drin in der Platte. „Und unterm Mondschein lieb ich Dich…oder willst Du ewig leben…“, singt Engler in seinem typischen Gesangsstil, an den ich mich erst mal gewöhnen musste. Aber „Mondschein“ ist gleich zum Beginn der Platte eine Hymne. Ist das noch Darkrock?

Eine potentielle Single in einem Album voller Hits zu finden, ist schon schwer. Wenn es aber so sein sollte, wäre „Heiland“ einer der besten Kandidaten. Treibender Rhythmus und ein zuckersüßer Refrain ist doch das, was man hören möchte. Ist das schon der frühe Höhepunkt von „Terlingua“? Nein, für mich ist der persönliche Höhepunkt auf jeden Fall die melancholische Ballade „118“, welches die Stimmung beschreibt, wenn man den Ort Terlingua über den einzigen Highway, der durch den Ort führt, verlässt, nachdem man eine wunderschöne Zeit dort verlebt hat. Doch es kommt für mich auch wie eine verstärkte Hommage an The Cure vor. Die gesamte Stimmung des Tracks lädt mich ein zum Innehalten, und wenn ich die Augen schließe, kriege ich sehnsüchtige Bilder in meinem Kopf.

Doch Mono Inc. verlieren sich nicht in unendlich traurigen Klängen. So werde ich von dem harten Riff von „Die Noten Deines Lebens“ schnell in die Realität zurückgeholt. Wenn irgendwo auf der Platte Western versteckt sein sollte, dann am ehesten in „Still“. Das Stück treibt gewaltig voran, und ich tänzel hier schon fast durch die Bude. Ebenso bei dem albumtitelgebenden Stück „Terlingua“. Hier darf Martin Engler den Cowboyhut aufsetzen und den Saloon stürmen. Das Stück weckt Reiselust und zeigt auch, welchen Eindruck die Landschaft in Texas bei Mono Inc. hinterlassen hat.

Mit „Terlingua“ haben Mono Inc. eine Platte aufgenommen, die sie mit Sicherheit weit weg von düsternden Szenebands forttreibt, aber doch auch dort wieder in den Vordergrund spült. Die Platte ist der perfekte Soundtrack für meinen Frühling 2015, und ich freue mich bereits wie Bolle auf die anstehenden Festivals und auf die Headliner-Tour im Herbst/Winter 2015/16.

24.03.2015: Beyond Obsession - Pieces of Machinery

Die Reinkarnation des Electropop ist es jetzt nicht unbedingt. Aber trotzdem haben Beyond Obsession etwas, was anderen Bands in diesem Genre fehlt. Alleine durch den charismatischen Frontmann Nils haben sie mit seiner Stimme und seinem Auftreten Wiedererkennungswert.

Mit „Pieces of Machinery“ legen Beyond Obsession nach „Listen, Learn & Speak“ (2013) bereits ihren  (ihren was??) nach. Die Platte erinnert mich stark an die großen Bands der Electroszene Anfang der 90er Jahre. Was wahrlich keine schlechte Referenz darstellt. Stücke wie „Run to you“ oder auch „Black White Hearts“, welches vorab als Gratis-Download angeboten wurde, haben schon das Zeug für einen Floorfiller.

Besonders sticht aber die Ballade „Let me go“ ins Auge. Die Melodie und Traurigkeit, die hier ausgestrahlt wird, zeigt auf, dass Electropop auch heute nicht seelenlos sein muss. Ebenso wie das schwermütige „Failing“. Beide Stücke bilden für mich das Herzstück der Platte.

Bei Stücken wie „Unwinnable War“ oder auch das Albumtitel gebende „Pieces of Machinery“ stecken in ihren Startlöchern fest. Die Tracks sind unterhaltsam, aber der gewisse Kniff bleibt für mich eher aus.

Dass Beyond Obsession eine große Karriere bevorstehen kann zeigt sich aber dadurch, dass kein geringerer als And One-Mastermind Steve Naghavi die Jungs zu einer seiner Lieblingsbands erhoben hat und sie gleich als Support mit auf Tour genommen hat. Ebenso wie Steffen Keth (De/Vision), der Beyond Obsession für sein Label Popgefahr Records unter Vertrag genommen hat. Die Jungs stecken zwar noch ein wenig in den musikalischen Kinderschuhen, aber das Potenzial für größere Taten ist klar erkennbar. Wir bleiben gespannt und lauschen weiter.

18.03.2015: Neuroticfish - A Sign of Life

Ich persönlich tue mich immer wieder schwer damit, wenn Bands inkonsequent sind und den Rücktritt vom Rücktritt erklären. Das birgt für mich immer wieder die Frage, warum löst man eine Band oder ein Projekt auf mit dem Statement, dass eine Mission beendet ist.

2008 löste Sascha Mario Klein Neuroticfish auf, um sich endlich mal anderen Projekten zu widmen, und weil Neuroticfish am Ende seien. Jetzt, knappe sieben Jahre später sind sie doch wieder da, und es hat sich nicht viel verändert. Klein arbeitet wieder mit Henning Verlage zusammen, und auch musikalisch haben sich Neuroticfish nicht weit von ihren früheren Werken entfernt.

Natürlich hat die Band mit dem ersten Video „Silence“ für Aufsehen gesorgt.  Der Bedarf an sogenanntem „Future Pop“ ist halt immer noch nicht gedeckt. Und so können die beiden mit dem Album „A Sign of Life“ auch gezielt punkten. Eine Platte vollgepumpt mit Hardfloor-Tracks, welche eigentlich so in den Clubs durchgespielt werden können und die dunkle Masse zu schweißtreibenden  Dauertanzeinlagen hinreißt.

Schlagen Neuroticfish denn auch irgendwo einen Bogen zu ihrer eigenen Vergangenheit? Ja, auf amüsante Art. Gab es doch den Neuroticfish-Schlachtruf „EBM is dead“, so stimmen sie mittels Samples in dem Turbotrack „Is it dead“ den EBM-Abgesang erneut an.

Fünfzehn Tracks am Stück können mit der Zeit aber auch anstrengend werden. Die Masse an Floorfillern bei „A Sign of Life“ wird mir dann auch irgendwann zu viel. Jeder einzelne Track funktioniert auf seine Weise. Im Gesamten der Platte verliert man schnell aber den Überblick, um für sich einzelne Höhepunkte zu entdecken.  Einzig vielleicht das geniale „The Creep“ mit den Gastvocals von Jaymie Valentine. „A Sign of life“ ist trotzdem zu empfehlen, weil Klein und Verlage hier eine Platte produziert haben, an der man so eigentlich nicht vorbei kommt.

 

18.03.2015: Camouflage - Greyscale

Das hat ja nun gedauert. Ganze neun Jahre habe sich Camouflage Zeit genommen, einen Nachfolger für „Relocated“ fertig zu stellen. Aber das Warten hat sich gelohnt. „Greyscale“ setzt da an, wo „Relocated“ aufhört. Nahezu nahtlos schließt die Platte an ihren Vorgänger an. Was nicht heißt, dass Camouflage Altbewährtes aufgewärmt haben, sondern eher, dass bereits die letzte Platte sehr zukunftsorientiert gewesen ist.

Bereits die erste Single „Shine“ machte einen großen Appetit auf das kommende Album, und man wird nicht enttäuscht. Natürlich ist „Shine“ der eingängigste Track auf dem Album. Aber auch an anderen Stellen haben Camouflage Duftmarken gesetzt, die „Greyscale“ zu einer hörenswerten Platte machen. „Laughing“ ist gleich der erste Beweis dafür. Mystische Melodien und Gitarrenriffs laden dazu ein, etwas genauer hin zu hören.

Was mir an den Platten von Camouflage mittlerweile sehr gefällt, ist das gesangliche Zusammenspiel von Marcus Meyn und Oliver Kreyssig.  Ähnlich wie bei den musikalischen Vorbildern aus Essex bietet Kreyssigs Part auf der Platte eine interessante Abwechslung. „In the Cloud“ habe ich in diesem Zusammenhang gleich in mein Herz geschlossen. Und da ist dann auch gleich ein Track mit eingezogen, mit einer weiteren vertrauten Stimme. „Count on me“ ist für mich ein besonderer Höhepunkt auf „Greyscale“ Wird Marcus Meyn von keinem geringeren, als von Peter Heppner (ex-Wolfsheim) unterstützt. Bei den Melodien kommen in mir ganz starke Erinnerungen an Wolfsheim auf. So könnte es sich anhören, wenn es die Band noch geben würde.

Ein weiterer Hitaspirant ist das sehr eingängige „Misery“, welches auch gut in den Clubs funktioniert. Camouflage beweisen einmal mehr, welches Hitpotenzial immer noch in dieser Band steckt. Aber dennoch ist „Greyscale“ kein reines Dancealbum. Camouflage schlagen vermehrt düstere, ruhige, teilweise auch nachdenkliche Klänge an.

Gespannt bin ich jetzt auch die Liveumsetzung. Gehen Camouflage jetzt auch endlich wieder auf Tour. Wer die Jungs schon mal live gesehen hat, der weiß, dass auch das ein besonderes Highlight ist. Und mit einer Platte wie „Greyscale wird es diesmal nicht anders sein.“

 

20.02.2015: Nena - Oldschool

Nena? Etwa die, die sich schon ein paar Mal neu erfunden hat? Genau die. Und sie hat es wieder getan. Nena erfindet sich neu und huldigt sich selbst mit ihrer neuen Platte, wobei sie mit einem Augenzwinkern erkennt, dass sie „Oldschool“ ist. Dabei wirkt es endlich mal nicht peinlich, was Nena da abliefert. In Zusammenarbeit mit Sammy Deluxe klingt Nena so modern und ansprechend, wie selten in den letzten Jahren.

Man kann sich in die „Lieder von früher“ rein versetzen. Spricht sie nicht gerade jetzt das an, was wir selber auch gerne machen? Nämlich die alten Platten aufzulegen und zu den Klängen unserer Vergangenheit zu tanzen oder mindestens wehmütig zurück zu blicken. Und sie macht es doch nicht anders.

Ich bin mit jedem Durchlauf aufs Neue überrascht, was ich da höre. In „Betonblock“ beispielsweise zeichnet Nena akustisch eine Landschaft voller Graffiti und Tristesse. Aber auch da gibt es immer noch positive Eindrücke.

Höre ich bei „Oldschool“, dem Opener der Platte, oder auch bei „Mach doch was ich will“ Einflüsse des Minimalismus der NDW-Zeit? Auf jeden Fall ist eine Anlehnung an KRAFTWERK unverkennbar. Aber auch ihre eigenen Einflüsse sind unverkennbar. „Berufsjugendlich“ ist eine Mischung aus Punk oder NDW à la IDEAL oder auch NENA. Ich bin fast schon verwundert, dass Nena in ihrem Alter so klingen kann. „Berufsjugendlich“ ist wohl das Stück, das Nena am besten 2015 beschreibt.

Wenn ich die Platte höre, bekomme ich gute Laune, und dafür muss Nena erst fast 55 Jahre alt werden, damit ich freiwillig eine Platte von ihr mehrmals höre. Aber es macht Spaß. Beschreibt Nena ja irgendwie nicht nur sich selbst, sondern auch die erste gesamte Generation ihrer Hörer, die ja nun auch schon seit mehr als dreißig Jahren dabei sind.  

Darf Nena denn so eine Platte noch mal machen? Ja, natürlich und durch Sammy Deluxe klingt die Platte nicht peinlich. Nena war immer schon etwas speziell und hat mit „Oldschool“ nochmals einen drauf gesetzt. Gespannt bin ich auch auf die „Oldschool“-Clubtour, die Nena dann auch in ungewohntere Umgebung für sie führen wird.

NENA „Oldschool“ Clubtour:

04.03. Berlin – SO 36

06.03. Luxemburg – Atelier Club

07.03. Hagen – Pelmke Kulturhaus

09.03. Braunschweig – Music Hall

10.03. Bremen – Modernes

11.03. Frankfurt – Batschkapp

13.03. Basel – Rhypark Club

14.03. Zürich – Kaufleuten Club

15.03. München – Technikum

17.03. Wolfhagen – Kulturstadthalle

18.03. Würzburg – Postbahnhof

20.03. Stuttgart – Wagenhallen

21.03. Erfurt – Stadtgarten

22.03. Wien – Arena Club

24.03. Hamburg – Mojo

 

 

20.02.2015: Biomekkanik - Violently Beautiful

Fast unbemerkt schleicht sich da ein Album an, auf das ich mit Sicherheit insgeheim schon lange gewartet habe. Ganze fünf Jahre hat es gedauert, bis Christer Hermodsson einen Nachfolger für das Biomekkanik-Erstlingswerk „State of Perfection“ (2009) fertig gestellt hat. Aber das Warten hat sich gelohnt. „Violently Beautiful“ schließt nahtlos an den Vorgänger an, ja übertrifft ihn stellenweise um Längen.

Biomekkanik haben es geschafft, einen eigenen Stil zu kreieren, der irgendwo zwischen Electronic und Crossover angesiedelt ist. Bereits der Opener „Monumental Me“ gibt ganz klar die Richtung vor und bestimmt auch das Tempo der Platte. Der Track baut sich langsam auf, um dann nahezu zu explodieren. Eine Platte, die es verdient hat, laut gehört zu werden, eröffnet sich hier. Sehr tanzbar und einladend. Floorfiller gibt es Track an Track. Ein gutes Beispiel für tanzbare Melodien bietet u.a. auch das schnelle „Kamikaze Playboy“. Für mich ein Track, der in den Clubs gut anlaufen müsste.   

Beinahe hymnenhaft klingt der Titeltrack des Albums. „Violently Beautiful“ baut sich monumental auf, um dann mit harten Beats und Gitarrenriffs seine ganze Klasse raus zu lassen. Geht das Album denn  nur hart nach vorne? Nein, nicht immer. „Melancholy Friend“ erinnert mich sehr stark an „State Of Perfection“, den namengebenden Track vom ersten Album. Es klingt aber nicht abgekupfert, sondern die Stimmung des Tracks wurde transferiert und erneut wieder gegeben. Hier zeigt es sich auch, dass elektronische Musik nicht kühl und gefühllos klingen muss.

Mit „Violently Beautiful“ haben sich Biomekkanik ein gewaltiges Stück näher an die Spitze der Szeneband ran geschlichen ohne sich bei den andernen Bands billig zu bedienen sondern eher, um selbst gute Akzente zu setzen. Ein Erfolg für die Platte ist ihnen zu wünschen.

 


09.10.2014: Irrlicht – Près Du Miroir

Die Schweiz hat neben Schokolade und Dj Bobo auch noch anderes zu bieten. So zum Beispiel die Band Irrlicht. Die Band veröffentlicht mit „Près Du Minor“ bereits ihr 9.Studioalbum, und ich frage mich, warum sie mir bisher nicht aufgefallen sind.

„Près Du Miroir“ bietet eine interessante Mischung aus theatralischem Gesang und Sprechgesang gekoppelt mit Dark Wave und Electroeinflüssen. Bereits das Intro „P“ hat eine mystische Grundstimmung, bei dem sich erst mal meine Boxen verabschieden. Der Einstieg ist gelungen, und ich lausche den gespenstischen Klängen, die jeden Horrorfilm untermalen können.

In der Sprache gehen Irrlicht auch sehr interessante Wege. Teilweise in Deutsch, teilweise in Französisch klingen die Tracks jedes für sich sehr eingängig. Thematisch geht es bei „Près du Miroir„ (nahe beim Spiegel) um Reflektion. Die Stücke bilden ein Konzentrat von persönlichen und gesellschaftlichen Themen, welche die Band während der Produktion beschäftigt und berührt haben.

Als erstes ist mir „La course des rats“ im Kopf hängen geblieben. Ein Track, den ich gerne auch in den Clubs hören möchte. Ein wenig stilistisch angelehnt an die Darkwave-Hits der neunziger Jahre kommt es mir vor, als wenn ich den Track seit langer Zeit schon lieb gewonnen habe. Ein weiterer Aufhänger ist das schöne „Wenn Du da bist“. Sängerin Daniela Dietz leidet sich sehr glaubhaft verzweifelt durch die Zeilen, dass ich anfange mit ihr zu leiden.

„Près Du Miroir“ bietet eine facettenreiche Reise durch die düstere Welt von Irrlicht, wovon ich gerne mehr hören möchte.

Und mehr wird es auch geben. So bieten Irrlicht eine exclusive Version von „La course des rats“ zum freien Download an:

https://soundcloud.com/irrlichtmusic/irrlicht-la-course-des-rats-radio-edit-1  

03.10.2014: Erasure - The Violent Flame

Okay, wenn man bedenkt, dass ich Erasure das erste Mal vor 29 Jahren zur Kenntnis genommen habe, ist es schon beachtlich, was sich auch bei Vince Clarke und Andy Bell so alles getan hat. Und ich hab seltsamerweise alles gemocht, was die beiden veröffentlicht haben. Und jetzt?

Jetzt, 15 Alben nach „Wonderland“ dreht sich mit „The Violent Flame“ eine neue CD im Player, die mich nach dem für mich leider überproduzierten „Tomorrows Dance“-Album (2011) wieder positiv anspricht. Natürlich müssen auch Erasure sehen, dass sie dem Klang der Zeit folgen. Aber Vince Clarke hat es gekonnt geschafft, auch seine diversen Erfahrungen seiner Side-Projekte mit einfließen zu lassen und trotzdem „The Violent Flame“ wie ein fast schon klassisches Erasure-Album klingen zu lassen.

Schon beim ersten Hören habe ich Stücke wie „Elevation“ und erst recht „Reason“ in mein Herz geschlossen. Genau so mag ich Andy und Vince. Zuckersüße Klänge und eingängige Melodien, die mich fröhlich stimmen. Andy Bell singt mit Inbrunst, und es macht immer wieder Spaß, seiner Stimme zu lauschen. „Be the one“ ist ein weiteres Beispiel dafür. Ich frage mich ernsthaft, was der Mann mit seiner Stimme macht, dass er sich immer noch so fit und einfühlsam geben kann. Da bleiben andere Sangeskollegen mit ähnlicher Dienstzeit schon langsam auf der Strecke.

Mit Richard X (u.a. Pet Shop Boys, Depeche Mode, Sophie Ellis-Bextor) haben sich Vince und Andy zwar auch wieder einen „modernen“ Produzenten zur Unterstützung eingeladen, der es aber auch geschafft hat, Erasure nicht vor dem Publikum zu veralbern. Erasure kokettieren mit den modernen Sound ähnlich wie die Pet Shop Boys auf ihrem letzten Album, schaffen es aber authentisch zu bleiben.

Live bringen Erasure die neuen Stücke im Dezember auch auf deutsche Bühnen:

“The Violet Flame” Tour:
04.12.2014 Köln, Palladium
05.12.2014 Dresden, Schlachthof
07.12.2014 Hamburg, CCH1
09.12.2014 Berlin, Columbiahalle

 

28.08.2014: Blitzmaschine - Turbine

Dass ich das noch erleben darf. Es gibt tatsächlich immer noch Bands, die sich dem guten alten EBM verschworen haben. Ohne große Neuerungen ins Repertoire aufzunehmen einfach nur auf die Fresse. Damit lässt sich mit Sicherheit immer noch eine goldene Mark verdienen.

„Turbine“ heißt also das neue Album von Blitzmaschine. Das zweite Album einer Band, von der ich mich bereits zum ersten Longplayer „Faustrecht“ (2011) fragte, ob man so etwas überhaupt braucht. Ok, die Basslines kommen auf „Turbine“ wieder sehr fett rüber, und bei der richtigen Lautstärke fängt durchgehend das Bein an zu wippen. Aber die gleichen Beats und Basslines habe ich doch schon auf unzähligen DAF, Nitzer Ebb oder auch Die Krupps-Alben gehört. Nur das ist mit Sicherheit schon gute zwanzig Jahre her. Das Achtziger-Remake funktioniert für meinen Geschmack nicht überall.

Was mich allerdings wirklich erschreckt, ist die Tatsache, dass bei meiner Webrecherche bei dem großen G gleich als viertes das „Netz gegen rechts“ erscheint, wo die Frage, ob Blitzmaschine einen rechten Hintergrund haben, gestellt wird. Ich muss zugeben, dass diese Frage auch schon bei mir aufgekommen ist. Mal abgesehen von den englischen Texten, die in dem Genre sowieso keinen interessieren, stellt sich z.B. bei „Burnout“ schon mal die Frage. „Ist das hier noch Deutschland“ wird offen gefragt. Aber eine Antwort bleiben Blitzmaschine schuldig. „Alle haben nur noch Burnout, vor jedem Investor sind wir kleinlaut…“.

Sollte es wirklich so sein, dass heute auch in der EBM-Szene die Springerstiefel nicht nur zum Tanzen angezogen werden? Wenn dem so ist, wird es Zeit für mich, zu gehen.

Aber man kann „Turbine“ nicht nur an „Burnout“ festmachen. Mit Sicherheit nicht. Aber der bittere Nachgeschmack bleibt. Da können mich dann auch einfältige Stücke wie „Gold“ nicht weiter begeistern. Kurzzeitiges Vergnügen kommt allerhöchstens noch bei dem EBM-Ska-Track „Everybody“ auf. Wobei ich auch den zweiten Durchlauf nicht mehr überstehe.

Ich versuche immer, bei jeder Platte auch etwas Gutes zu sehen, aber „Turbine“ von Blitzmaschine ist leider nicht für meine Ohren gemacht. Natürlich werden sie ihre Szene haben, die vor Freude mit den Hacken schlägt. Zu dieser Hörerschaft werde ich allerdings nicht gehören. Da bleibe ich dann doch lieber bei meinen guten alten Meistern.

 

28.08.2014: Melotron - Werkschau

Wie lange ist es eigentlich her, dass ich im Vorprogramm von And One im Hamburger „Zillo“ ein seltsames Trio gesehen habe, das mir in den folgenden Jahren so ans Herz gewachsen ist? Das sind gut zwanzig Jahre. Und Melotron gibt es immer noch, und sie werden von Album zu Album immer besser.

Jetzt war es also Zeit für eine Werkschau. Ein Blick zurück nach vorne. Und ich bin überrascht. Hatten Melotron sich doch einige Jahre Zeit gelassen mit dem Ergebnis. Das letzte Fulltimealbum „Propaganda“ ist schon sieben Jahre her und ich habe innerlich nicht mehr damit gerechnet, dass sie nochmal wiederkommen.

„Werkschau“ ist aber keine einfache Best-Of-Compilation. Melotron haben sich einige ältere Stücke vorgenommen und neu interpretiert. Aber immer mit dem Ziel, sie nicht besser zu machen, nur anders. Und gleich der Opener „Du bist es nicht wert“ hat gleich eine ordentliche Frischzellenkur erhalten. So gut, dass ich gleich animiert bin, die Bude zu beschallen, und ich freue mich wie ein kleiner Junge zu Weihnachten. Modern klingen sie. Man merkt dem Track sein Alter gar nicht an.

Gleich in mein Hirn gebrannt hat sich allerdings „Nur ein Licht“. Ein neuer ruhiger Track, bei dem Andy Krüger zerbrechlicher klingt, als je in den letzten Jahren. Auf Platte hat mich seine Stimme schon immer sehr interessiert. Hat er in frühen Jahren gerne wie ein Pseudo-Dave gesungen, hat er spätestens seit der „Sternenstaub“ (2003) seinen eigenen Stil gefunden.

Dass einer meiner persönlichen Lieblingstracks von Melotron es auf die „Werkschau“ geschafft hat, hat mich erst ängstlich gemacht. Schnell kann ja die Illusion eines perfekten Popsongs durch ein Remake zerstört werden. Aber auch „Arroganz der Liebe“ hat die Frischzellenkur mit Bravour bestanden.

Gibt es denn außer Lobhuldigungen noch was anderes zu sagen? Ja, mit „Das Herz“ haben Melotron sich etwas zur Aufgabe gemacht, was mit Sicherheit gut gemeint war. Ok, wie gesagt, es soll nicht immer besser sein, sondern auch mal einfach mal anders klingen. Und das tut der Song wahrlich. Mehr als Beats und Bass bleibt leider nicht übrig und für meinen Geschmack definitiv zu wenig vom Original.

Wer sich bei der „Werkschau“ allerdings mit der einfachen CD zufrieden gibt, dem entgeht etwas. Schon die ersten Klänge von „Sommer“ lassen mich aufhorchen. Mir wird bewusst, dass Melotron auch sehr gute neue Tracks produzieren können, und ich muss mich immer wieder fragen, warum Melotron in all den Jahren kommerziell keine Punktlandung in der deutschen Musikszene hingelegt haben.

Melotron haben mir einen großen Gefallen getan mit der „Werkschau“, und ich bin verblüfft, dass auch gerade Stücke wie „Wohin“ oder „Wenn es nichts mehr gibt“ mir immer noch eine Gänsehaut machen können. Und so freue ich mich schon auf den Herbst, wenn man Melotron auch endlich wieder live erleben kann.

22.07.2014: And One - Trilogie I.: Magnet - Propeller - Achtung 80

 

Was soll das denn? Steve Naghavi, dieser kleine Mistkerl. Immer dann, wenn ich mich mit Freuden hingebe, AndOne und ihn im Besonderen zu hassen, kommt er daher und macht eine neue Platte. Eine? Nein, diesmal will Naghavi den Bogen komplett überspannen und kündigt im Größenwahn gleich eine „Trilogie“ aus drei Alben an. Der Ausverkauf geht weiter? Nix Auflösung, nix ist mit Abwechslung in der Szene? Alle haben sich gefreut, dass Naghavi und seine Paladine sich endlich verdrücken. Doch keiner hat ein Bier getrunken, ohne zu bestellen. Der Wirt sticht ein neues Fass an. Ich verstehe bis jetzt den Grund nicht, warum Naghavi mich auf der offiziellen Facebook-Seite teilweise blockiert, noch verstehe ich, warum der Mann in seiner Einfältigkeit nicht mal so konsequent ist, den Split von AndOne wirklich in die Tat umzusetzen. Sie sind meiner Meinung nach sowieso nicht in der Lage, nach „S.T.O.P“ (2012) und dem genialen „Missing Track“ noch annähernd so etwas zu schaffen. Trotzdem lausche ich jetzt der Trilogie und werde mir mein Bild von den drei Alben machen.

Magnet

Die AndOne-Floppydisk mit dem 08/15-Sound muss doch irgendwo sein? Steve Naghavi muss das Studio auf den Kopf gestellt haben, um die Klangmuster vergangener AndOne-Alben irgendwo zu finden. Dann findet er die Disk, nur sein schönes neues Studio hat kein Diskettenlaufwerk mehr. Was nun? Naghavi muss sich hinsetzen und neue Klänge kreieren. Neue Kompositionen probieren. Er muss Musik machen. „Love needs a saving hand“, der Opener der „Magnet“, überrascht mich jetzt aber wirklich. Naghavi rückt weit ab vom typischen AndOne-Sound. Gitarren werden angestimmt, fette Drums und eine fast schon majestätische Stimmung baut sich auf. Kein Partypop oder Weichspül-EBM. Natürlich hört man die typische Melodieführung Naghavis schnell raus. Auch seine Worte sind nach 25 Jahren nicht mehr neu, aber auch bei „Zeit ohne Zeit“, einer netten Electropop-Perle, stimmen AndOne andere Klänge an. „Love is always on your side“ geht da schon im ersten Teil in eine andere Richtung. Die Mischung aus Bodypop und Gitarrenriffs klingt für mich befremdlich, dennoch drehe ich das erste mal lauter, um tatsächlich etwas wie Freude zu empfinden, wenn der Refrain and when I leave this world behind, love is always on your side, it's not the end of human kind, love is always on your side einsetzt. Der erste Hit des Albums ist gefunden. Naghavi traut sich an längere musikalische Soli, um dem Ganzen mehr Tiefe und Hintergrund zu verpassen. Hier wird das weitergeführt, was bereits auf „S.T.O.P“ angefangen hat. Doch dann schafft Naghavi es tatsächlich, mir mit „Unter meiner Uniform“ eine Nippelpelle zu verpassen. Steve Naghavi schafft es, mit simplen Texten zum Nachdenken anzuregen, und man sucht Parallelen.

Dass Steve Naghavi sich auch gerne mal bei anderen Einflüssen musikalisch bedient, ist kein Geheimnis. Das gibt er selber zu. So fällt mir bei den Beats von „The other side“ als erstes Joy Divisions „She’s lost control“ ein. Keine schlechte Referenz, wie ich finde. Ich fühle mich aber auch ein wenig an Thomas Dolby erinnert. Aber können AndOne eigentlich auch rocken? „Love me“ geht zumindest in die Richtung. Das Gitarrensample, die Bassline – das passt. Sowas müssen andere Bands, die ebenso wie AndOne mit Depeche Mode aufgewachsen sind, erstmal schaffen, ein Electrorockblues zu kreieren. Ein Wechselbad der Gefühle zieht sich durch „Magnet“, und wenn man es genau betrachtet, haben sich AndOne von ihren Wurzeln weiter weg entfernt. Vielleicht sehr spät aber nicht zu spät. Naghavi steht zu seinen Einflüssen und kokettiert offen mit Ihnen. Egal ob New Order, OMD oder The Cure. Alles findet sich bewusst oder unbewusst in „Magnet“ wieder. Die Platte hebt die Band auf das nächste Level. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie diese Qualität auch live auf die Bühne transferieren können.

 Propeller 

Der zweite Streich folgt zugleich. „Propeller“, die zweite CD der Trilogie soll also jetzt mal härter auf den Floor treiben. Mal ehrlich, wie soll das nach dem Einstieg mit der „Magnet“ denn gehen. Und so bin ich auch ein wenig irritiert. „Black Generation“ macht einen gewaltigen Rückschritt. Natürlich treiben die Beats und Bass an nach bester EBM-Manie. Aber hier wollen AndOne den Geist vergangener Tage wiederbeleben. Wenn es laut ist, ist es geil. Aber es ist so, wie es immer war. Da macht „Männermusik“ doch mehr Spaß. Ob Gabi Delgardo von DAF mal kreativ vorbei geschaut hat? männermusik, wir reiten in den stiefelkrieg, uns're weiber brauchen druckanstieg,wir schmecken (hey!) wir lecken (hey!) wir pressen (hey!) wir stressen (hey!)“ Darum geht es nunmal. Steve Naghavi ist EBMler und wird es auch 2014 nicht mehr los. Schlüssiger kommt da schon „Synchronizing Bodies“, wo sich Naghavi einen gesanglichen Schlagabtausch mit Joke Jay liefert. Ja, der darf auch wieder mitmachen und macht ebenso wie auf der „Magnet“ eine gute Figur. Schade, dass er bei den AndOne-Liveshows nicht noch mehr aus sich raus gehen darf. Aber dann würde er Steve Naghavi wohl zumindest stimmlich die Show stehlen. Viel bleibt für mich an einzelnen Aufhängern bei der „Propeller“ leider nicht hängen. Vielleicht noch „U-Bootkrieg in Ost-Berlin“, welches schon sehr an die frühen 80er Jahre erinnert, so dass der Track eigentlich auf der falschen Platte gelandet ist. Die Platte funktioniert als richtigen Einstieg in eine elektronische Partynacht, ohne besondere Vorkommnisse.  

Achtung 80 

Wie wäre es mit ein bisschen Synthiepop? AndOne greifen in die Nostalgiekiste und reisen in die Vergangenheit. So soll es uns zumindest der Albumtitel vormachen. Aber AndOne sind nun mal AndOne. Auch wenn es hier und da ein bisschen mehr piept und fiept, es sind AndOne. „Let’s get higher“ macht aber Spaß. Ein Aspirant zum Sommerhit am Baggersee, wenn die dunkle Szene mal bei Tageslicht in die Fluten springt. Teilweise naiv, teilweise kalkuliert. „My Angel“ greift da noch weiter in die Trickkiste. Wo die Pet Shop Boys früher mal richtig gut waren, nehmen AndOne jetzt den Platz ein.

„Somebodys Song“ – okay, jetzt mal raus mit der Sprache. Ist das Steve Naghavi der da singt? Nee, oder??? Hier haben AndOne mal alles raus geholt, und zusammengewürfelt. Zuckersüßer Gesang, der mich an „LaBoum“ erinnert, Melodien, die Vince Clarke geschrieben haben könnte, aber etwas mehr schmalzig, als man es ertragen kann. Mir weint das Herz vor Rührung. Wer weckt mich aus diesem Traum aus Zuckerwatte und Plüschbären? Aber statt mich zu wecken, legen AndOne noch einen drauf. „Bad Girl“ erinnert mich an die Twins und Italo Disco. Wenn Steve Naghavi nicht immer wieder mit einem Augenzwinkern seine Message irgendwo verstecken würde: they call you bitch but you rather decide,that you'll take it with a sense of delight.bad girl, bad girl, what are you doing tonight?

Auch mit der “Achtung 80” scheinen AndOne mich mittlerweile gepackt zu haben. Immerhin tänzel ich zu „The Fighter“ durch Zimmer und werfe mir das weiße Sakko über zu meinem pinken Muskelshirt von Jean Pascale und den weißen Slippern.

Natürlich könnten einige Stücke von der Platte auf jedem anderen AndOne-Album sein. „Girls on Girls“ z.B. ist so einer. Er macht Spaß, tut nicht weh und könnte auch in jedem Live-Set ein Spaßfaktor sein. So findet im Endeffekt auch „Achtung 80“ seine Berechtigung.  

Ist die „Trilogie 1“ jetzt ein sinnloser Ausverkauf? Oder eine Resteverwertung? Ich glaube nicht. Steve Naghavi scheint einen übermäßig kreativen Flow zu haben und hat sich durch das Konzept der Trilogie auch stilistisch abgesetzt. Mit „Magnet“ einen weiteren Schritt nach vorne gemacht. Von daher unterstütze ich die neue Platte auch mit Begeisterung. Die Entscheidung, „Magnet“ als Einzel-CD zu veröffentlichen und für den geneigten Fan die beiden weiteren Platten nur im Bundle anzubieten könnte strategisch gefährlich sein, gerade auch weil die Trilogie nicht ganz billig ist. Aber selbst ich würde bei der Qualität der einzelnen Alben zum Bundle greifen, da ich auch die beiden Platten „Propeller“ und „Achtung 80“ in diesem Zyklus nicht missen möchte. 

AndOne sind mit „Magnet“ und der Trilogie nicht zurück, sie sind da!

28.04.2014: Joachim Witt - Neumond

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Ach, Joachim Witt macht eine neue Platte? Nach dem etwas sperrigen Werk „DOM“ (2012) weiß ich gar nicht, ob ich das überhaupt hören will. Kam mir Herr Witt damals zu durchgeknallt rüber, auf seinem Kreuzzug der düsteren Gerechtigkeit.

Nun gut, das war einmal. Jetzt rotiert „Neumond“ in meinem Player. Und das nicht zum ersten Mal. Ich bin überrascht, wie mich Herr Witt empfängt. „Wir werden wieder aufstehen, ein Freudenmeer vor Glück…wenn alle anderen Fortgehen, kehren wir zurück“. Oha, welch klare Ansage. Witt sagt Bescheid, er ist wieder da,  stellt sich ins Feuerland um lauter zu sein, als je zuvor. Es gibt Beats und Uptempo-Tracks, die den Magenta ausgeleuchteten Floor füllen werden.

So tanzbar wie bei „Die Erde brennt“ habe ich Herrn Witt noch nie gehört. Und singen kann er auch. Wo ist sein Sprechgesang geblieben? Was passiert hier? Dass Herr Witt diese Platte nicht alleine aus der Taufe gehoben hat, ist mehr als hörbar. Die Handschrift von Martin Engler (Mono Inc.) ist ganz klar herauszuhören. Stellenweise vielleicht ein bisschen viel düstere Schwermütigkeit, die Engler in süße Melodien gehüllt hat. Aber die Frischzellenkur tut Herrn Witt sehr gut.

Auch wenn er nicht aus seiner Haut kann, wird er doch sehr persönlich. Schon bei den ersten Hörproben lässt es ein jedem das Blut gefrieren, der schon einmal in seinem Umfeld die Erfahrung mit Trauer gemacht hat.

Die Vorabsingle „Mein Herz“ sprudelt so vor schönen Melodien, dass das Mainstreamradio sich die Finger lecken muss. Ich bin sowas von gerührt.

Was mir auffällt ist, dass Herr Witt und Martin Engler „Neumond“ völlig vom bisherigen Schaffen Witt’s losgelöst haben. Herr Witt hat wohl noch nie so viel wirklich gesungen, wie auf dieser neuen Platte, während Engler die Keyboards hat heiß laufen lassen. „Es regnet in mir“ ist ebenso ein Beispiel wie auch das extrem tanzbare „Ohne Dich“. Natürlich klingen die weiblichen Backgroundstimmen bei „Ohne Dich“ etwas zu abgedroschen, aber das passt schon.

Erstmals seit langen Jahren kommt „Neumond“ ohne zeitraubende Fülltracks aus. Die Platte läuft in einem durch, und die Reinkarnation von Joachim Witt geht ihren Weg ungebrochen weiter. Fasziniert bin ich auch von „Neumond“, dem Titeltrack der Platte. „Wer ist der Klotz mit Muttermal?“ fragt Herr Witt in die Runde, um sich selbst die Frage gleich zu beantworten. Der einzige Track auf der Platte, wo man doch einmal Luft holen kann.

Was hat Herr Witt denn jetzt geschafft? Er bleibt trotz allen bei seinen Leisten. Wirkt nicht verschoben und gekünstelt. „Neumond“ bringt Herrn Witt auf das nächste Level seines Schaffens. Und auch wenn „Neumond“ äußerst positiv und laut klingt, es bleibt eine Witt-Platte. Der Großvater des Grafen ist wieder da und zeigt, wo der Hammer den Amboss schlägt.

17.12.2013: MUSE - Live at Rome Olympic Stadium (CD/BlueRay/DVD)

Ok, die Welt braucht Helden. So viel dazu. Auch die Musikwelt braucht Helden. Und die nächsten großen Helden der Musikwelt sind definitiv MUSE. Ihre Platten werden von Mal zu Mal immer fetter und gewaltiger und so auch ihre Touren. Seit mehr als einem Jahr sind MUSE schon mit ihrem aktuellen Album „The 2nd.Law“ auf Tour und haben es sogar geschafft, gleich dreimal die Bühne zu verändern. Immer größer, so dass sogar U2 langsam vor Neid erblassen müssen, was Technik on Stage angeht.

Jetzt legen MUSE erstes Zeugnis dieser überaus erfolgreichen Tour ab. Mit der neuen BlueRay/DVD „Live At The Rome Olympic Stadium“ beweisen sie, dass die Zeiten kleiner Konzerte bei MUSE definitiv vorbei sind. Was hier aufgefahren wird, kann nur in Stadien funktionieren. Und dabei wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Der Konzertfilm ist in hochauflösender 4K-Technologie (Ultra-HD) gefilmt. Gestochen scharfe Bilder, die eine Atmosphäre einfangen, die einem die Gänsehaut hoch treibt.

Auch wenn Matthew Bellamy, Dominic Howard und Christopher Wolstenholme professionell agieren, an dem denkwürdigen Abend in Rom müssen die drei einen besonders guten Abend gehabt haben. Und das Publikum feiert sie so, wie ich es gerne auch bei den deutschen Konzerten erlebt hätte. Das scheint das südländische Temperament zu sein, das die Stimmung noch zusätzlich anfeuert.

An Material hat die BlueRay/DVD auch einiges zu bieten. So beinhaltet der Konzertfilm 23 Tracks plus drei Bonustracks, aufgenommen in den USA, und ein Roadmovie. Dabei hat alleine die Aufnahme in Rom schon so einiges zu bieten. Hit an Hit gekoppelt mit einigen Gimmicks, wie dem sterbenden Broker oder dem Luftakrobaten bei „Guiding Light“. Oder den visuellen Effekten wie den farbigen Geldnoten bei „Animals“ oder dem farbigen Glühfaden in der überdimensionalen Glühbirne bei „Guiding Light“. Immer wieder wird man überrascht. Ein besonderer Höhepunkt ist dann doch „Undisclosed  Desires“. Matthew Bellamy läuft zur Höchstform auf bei seiner Ehrenrunde im Bühnengraben rund um den weit ausladenden Catwalk. Er spielt mit dem Publikum und der Kamera und singt dabei noch so was von auf den Punkt, dass man sich schon fragen muss, wie er das hinbekommt. Der Mann ist ein Meister seiner Kunst.

Richtig zur Geltung kommt die gesamte Show natürlich auf den größtmöglichen Bildschirmen. So ist es auch kein Wunder, dass MUSE den Konzertfilm pünktlich zur Veröffentlichung in ausgesuchten Kinos Europas uraufgeführt haben. Bei der Kinopreview tauchte man förmlich ein in die Masse und war von Bild und Ton her Teil des Ganzen.

Für mich sind MUSE jetzt schon das größte, was passieren kann. Jedem, der anderer Meinung ist, ist die BlueRay/DVD wärmstens ans Herz zu legen. Ein Livedokument, das derzeit nicht übertroffen werden kann.

17.12.2013: The Boss Hoss - Flames Of Love-Live over Berlin (BlueRay/DVD)

Die Gabentische sollen ja bekanntlich bunter werden, und so drängeln sich gerade zum Fest genügend Bild- und Tonträger auf den Markt, dass es schwer wird, die richtige raus zu picken. Jetzt rotiert den ganzen Nachmittag bereits die neue Live-DVD „THE BOSSHOSS – Flames Of Fame – Live Over Berlin“ in meinem Player und ich muss sagen, ich bin überrascht. Positiv überrascht. Halte ich doch irgendwie gar nichts von sog. Künstlern, die sich mit Hilfe irgendwelcher drittklassiger Castingshows ins Rampenlicht schleimen. Aber diesmal muss ich meine Meinung wohl mal revidieren.

THE BOSSHOSS kannte ich früher noch aus der Zeit, wo sie gekonnt Popklassiker in ihrem eigenen Westernstyle interpretiert haben. Nach und nach wurden eigene Kompositionen in das Repertoire aufgenommen und Cover wurden immer seltener. Ob das so von Anfang an geplant war, ist mir in diesem Falle mal Wurscht. Der gemeine Konsument will ja schließlich auch mal veräppelt werden.

Aber warum muss ich mich jetzt mit diesem Silberling beschäftigen? Weil ich es nicht anders verdient habe. THE BOSSHOSS bieten eine packende Show, aufgenommen in Ihrer „eigentlichen“ Heimatstadt Berlin. Volles Haus und während ich so auf den Bildschirm verträumt blicke, kommt es mir vor, als wenn ich das eine oder andere Gesicht in der Menge erkenne.

Die Bühne ist mit bis zu zehn hochmotivierten Musikern mehr als gut besetzt. Und es sieht nicht so aus, als wenn jemand von denen da nur wegen der Kohle steht. Alle haben Bock auf Western-Blues-Rock und ganz besonders Hoss-Power und Boss-Burns. Die beiden Hauptfiguren des Abends. Wobei, wer hat eigentlich die Hauptrolle? Eigentlich keiner. Alles geht in einander über. THE BOSSHOSS, Band und Publikum. Und alle haben ihren Spaß. Sie rocken sich die Seele aus dem Leib und man fängt automatisch an, nicht nur mit dem Fuß zu wippen. Zwei oder drei Bier dazu und die kleine BOSSHOSS-Party kann zwanzig Tracks lang steigen.

Natürlich ist die BlueRay/DVD nicht nur für die Party geeignet. Die 5.1-Abmischung macht auch das Ganze zu einem „ohralen“  Genuss. Man ist direkt mit in der Arena und hat durch die wirklich geile Bildqualität und den guten Schnitt eine DVD mit Wiedererkennungswert im Player.

17.12.2013: PET - Imitation Of Life

Ab und zu muss es einfach mal rocken und vom ersten Moment an funzen. So und nicht anders sollte man es beurteilen. Auch wenn PET in den vergangenen Jahren nicht unbedingt zu meinen Lieblingen gehört haben, lasse ich mich erneut auf das Abenteuer ein und lausche dem neuen Album „Imitation Of Life“ nicht ohne skeptischem Hintergedanken. Zwar können PET auf gewaltigen Ruhm in einer angemessenen Form zurück blicken, aber das ist kein Garant, um eine gute Platte zu machen. So hat es „Imitation Of Life“ auch nicht geschafft, mich bei den ersten Durchläufen zu überzeugen. Obwohl sie sich redlich mühen, ihre Musik einer breiten Masse beizubringen. Ihre Mischung aus Electro, Pop und auch Punkeinflüssen muss man schon mögen, sonst kann es schnell auf die Nerven gehen.

„Imitation Of Life“ hat es aber zumindest geschafft, nicht gleich nach dem ersten Durchlauf im Haufen neuer Alben zu verschwinden. Der Autoradiotest hat bewiesen, dass das Album funktioniert. Denn da muss es passen. Und besonders „Talk to you“ hat bei mir gleich beim ersten Mal funktioniert. Die trashige Mischung macht es. Ich bekomme Lust, diese Band tatsächlich auch mal live anzuschauen. Wenn sie es schaffen, den Groove von „Talk to you“ auch von „Thinking of you“ auf die Bühne zu bringen, bin ich dabei.

Was mir aber ganz besonders auffällt ist die Tatsache, dass „Imitation Of Life“ nicht deutsch klingt. Ich suche immer vergeblich nach deutschen Platten, die eben nicht nach deutsch klingen. Irgendwas ist ja immer. Aber ich glaube, PET haben es mit dieser Platte geschafft, sich vom üblichen deutschen Markt abzusetzen und auf ihre Art eine internationale Platte zu machen. „Imitation Of Life“ klingt nach London oder Paris oder ein wenig nach Manchester. Das schaffen nicht viele, ohne sich übermäßig erwähnten Szenen anzubiedern. Okay, mal Phillip Boa in seinen besten Zeiten ausgenommen. Und nach dem klingt „Imitation Of Life“ und „Never been here before“ im besonderen, verdammt nochmal. Nur besser!

04.11.2013: Erasure - Snow Globe

Also, das schlägt dem Fass ja nun den Boden aus. Ich trauere immer noch dem viel zu kurzen Sommer nach, wundere mich über das erste Weihnachtsgebäck im Supermarkt und verschwende nicht einen Gedanken daran, mir eine Weihnachts-CD einzulegen. Da kommen Andy Bell und Vince Clarke so ganz nebenbei vorbei und schütteln ein neues Album aus dem Ärmel. Und nicht einfach ein neues Album, sondern eine Weihnachtsplatte. „Snow Globe“ heißt das Ganze und soll mich ähnlich wie die ersten Lebkuchen im Supermarkt auf das Fest der Liebe einstimmen? Ich weiß nicht recht.

Aber „Snow Globe“ kommt nicht einfach mit klassischen Weihnachtsliedern daher. Okay, mal von „Silent Night“ oder „White Christmas“ abgesehen. Vielmehr haben sich Vince und Andy damit beschäftigt, eine Platte für Weihnachten zu kreieren, die sich ein wenig von den anderen Platten abhebt, welche zu tausenden jährlich in die Läden spülen.

Der Einstig mit „Bells of love“ fällt mir so gesehen auch recht leicht. Der Track hätte ebenso auf dem letzten Erasure-Longplayer untergebracht sein können. Ein typisches Erasure-Stück, welches für mich sogar extrem Airplaytauglich ausgefallen ist. Mit „Gaudete“, welches vermutlich aus dem 16.Jahrhundert stammt, treffen Kraftwerk auf die Kirche. Anders kann ich es kaum beschreiben. Vince Clarke lässt harte Beats zu lateinischen Versen durch die Boxen knallen. Mal ehrlich, solche Töne hab ich lange nicht mehr bei Erasure gehört. Die richtige Weihnachtsstimmung kommt aber noch nicht so auf. Eher eine positive Stimmung. So wie immer, wenn ich eine Erasure-Platte auflege. Aber wann kommt den nun der Mann mit dem Rauschebart durch den Kamin?

„Make it wonderful“ reiht sich ein in die Rückkehr zur alten Stärke. Wofür ich dieses Duo schon immer ins Herz geschlossen habe. Doch dann ist es soweit! Es treibt mir fast eine Träne ins trockene Auge, wenn Andy Bell „Silent Night“ anstimmt. Laut Andy Bells Aussage hat er seinen inneren Chorjungen wieder gefunden. Und hier steht er. Und mir wird es ganz besinnlich. Dieser Klassiker ist schon oft verheizt worden und anfangs hatte ich befürchtet, Vince Clarke würde hier das elektronische Hackebeil ansetzen. Aber weit gefehlt. Es ist wirklich schön geworden und wird einen gebührenden Platz in meiner persönlichen Christmas-Playlist erhalten.

Kaum schweife ich in Gedanken wecken mich Erasure aber gleich mit „Loving Man“ wieder auf. Tanzen darf man auch unterm Mistelzweig. Wenn Super Mario auf Santa Claus trifft, kann es sich nur anhören wie bei „The Christmas Song“. Meine Oma wird es hassen, ich finde es recht unterhaltsam.

Es läuft mir teilweise kalt den Rücken runter, wenn ich „White Christmas“ höre. Aber ähnlich wie bei „Silent Night“ hat Clarke es bewusst vermieden, dick aufzufahren. Wobei „White Christmas“ sich gekonnt von einem interpretierten Klassiker zu einem reinen Erasure-Track wandelt.

Bevor wir dann alle mit „Silver Bells“ zur Bescherung gerufen werden, möchte ich noch erwähnen, dass ich mit „Snow Globe“ Erasure den Ausrutscher mit ihrem letzten Album „Tomorrows World“ (2011) endgültig verzeihen kann. Man fühlt sich zurück in die Zeiten von „Other People Songs“ gesetzt. Und das macht Spaß. Auch wenn ich Weihnachtsplatten so ja nicht so mag, „Snow Globe“ wird in der Vorweihnachtszeit auf jeden Fall sich öfters im Player drehen.

27.10.2013: Solar Fake - Reasons To Kill

Sven Friedrich (Zeraphine / Dreadful Shadows) hat mich mit seinem Side-Projekt SOLAR FAKE schon immer begeistert. Bereits das erste Album „Broken Grid“ (2008) hatte mich durch frische Electronicsounds und starke Kompositionen eingenommen. Nachdem etwas anspruchsvolleren zweiten Album „Frontiers“ (2011) kommt nun mit „Reasons To Kill“ der dritte, und ich muss es leider zugeben, stärkste Longplayer von SOLAR FAKE.

Bereits der Opener „I hate you more than my life“ zeigt an, wohin die Reise gehen soll. Härtere Sounds und auf den dunklen Dancefloor ausgerichtete Sounds. Der Opener treibt in der richtigen Lautstärke bereits ganz schon an. Und so geht es dann auch gleich mit „Face me“ weiter. Grandios!

Mein persönliches Highlight auf dem Album ist dann aber doch kein Floorfiller. Das eher ruhige traurige „Rise and fall“ begeistert mich vom ersten Durchlauf an und das Maintheme geht mir nicht aus dem Kopf. Anspieltipp! Ein Beweis mehr, dass SOLAR FAKE nicht nur laut sein können, sondern auch einen passenden Herbstsoundtrack liefern.

Die Platte ist vollgepackt mit 11 Hits, die unterschiedlicher nicht sein können. Und da kann man sich jetzt bereits auf die anstehenden Livetermine quer durch die Republik im Februar/März 2014 freuen.

Anspieltipp: „I hate you more than my life“, “Change the view”, “Rise and fall”, “The Pages”

19.10.2013: VNV Nation - Transnational

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Es streiten sich die Geister, was man von der neuen Platte von VNV Nation halten soll. Die einen schäumen über vor Freude, die anderen haben eher Schaum vorm Mund bei dem, was Ronan Harris da zusammen gebraten hat. Zu flach soll die Platte sein und zu sehr nach einem Aufguss der „Automatic“ (2011) klingen. Aber wer erwartet denn allen Ernstes, dass Harris das Rad heute, nach zehn VNV-Studioalben noch neu erfinden kann. Ähnlich wie einige seiner Kollegen (Naghavi, Covenant etc.) hat Harris seine Nische gefunden. Die Keyboards sind optimal programmiert. Warum also noch was ändern. Man bedient die breite Masse und steigert so die Verkaufszahlen. Denn auch ein Ronan Harris macht Musik nicht nur aus Idealismus, sondern weil er damit seinen Lebensunterhalt verdient. Und wenn sich eine Platte gut verkauft, ist das schon mal die halbe Miete. Da kann man seine dunkle Seele ruhig schon mal ans Licht verkaufen, oder zumindest ausleihen.

Aber „Transnational“ ist gar nicht so übel, wie viele sagen. Eingängige Melodien und hier und da blitzt doch das alte EBM-Herz auf. Das Album startet aus meiner Sicht, recht mutig mit dem über vier Minuten langen Intro „Generator“ welches dann in „Everything“ übergeht. Eigentlich hätte man sich die Trennung auch sparen können. Aber wahrscheinlich hatte Ronan Harris einfach nur Angst, dem geneigten Hörer einen Albumopener von über neun Minuten zu zumuten. Anyway, das Album hat einen perfekten Einstieg und macht schon in den ersten Minuten Spaß. Bei „Primary“ fühle ich mich stellenweise an alte Divine-Zeiten erinnert. Jeden Moment warte ich darauf, dass die Eighties-Tonne anfängt zu grölen. In der richtigen Lautstärke ist es genau das, was ich hören will.

Mit „Retaliate“ fühle ich mich eher an alte „Futureperfect“-Zeiten erinnert. Da tobt der Bär auf dem schwarzen Dancefloor und alle alten Kämpfer bringen sich in EBM-Position um um die Wette zu stampfen. Doch halt, höre ich da ein Plagiat? Ich muss da doch gewaltig überlegen und siehe da, der gute Harris hat zum Zeitpunkt zu viel „Chrome“ gehört. Ist mir beim ersten hören schon aufgefallen, musste aber doch lange nachdenken, woher ich die Gesangsmelodie her kannte.

Natürlich hätte Ronan Harris seinen Maschinen noch ein paar neue Klänge entlocken können. Das lehnt das Album wirklich stark an seinem Vorgänger an. Aber trotzdem macht die Platte Spaß!  Ronan Harris hat es wiedermal geschafft, nette Melodien zu kreieren und sie schick zu verpacken. Nicht umsonst ist das Album so gut gestartet und die gerade laufende Tour nahezu komplett ausverkauft. Wie ich eingangs schon sagte, wird das Rad mit „Transnational“ nicht neu erfunden. Aber es bekommt immer mehr Tempo und wird sich auch weiter drehen.

 

19.10.2013: Covenant - Leaving Babylon

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Das hat aber gedauert. Ganze sechs Jahre musste ich warten, bis ich endlich mal wieder mit Freude eine neue CD von Covenant in den Player schieben mag. Nach der „Skyshaper“(2006), welche sich mir auch erst sehr spät geöffnet hatte, konnten mich Covenant mit dem letzten Album „Modern Ruin“ (2011) überhaupt nicht mehr überzeugen. Einfallslos, Emotionslos und Lustlos war das Album und trug nicht ohne Grund den Namen.

Doch jetzt ist alles wieder gut. Covenant sind wieder da und haben mich mit „Leaving Babylon“ gleich beim ersten Durchlauf überzeugt. Endlich treiben sie wieder an und Eskil Simonsson scheint wieder Bock drauf zu haben. Selten klangen Covenant so mystisch geheimnisvoll, wie auf der neuen Platte. Die personellen Veränderungen der letzten Jahre haben ihr übriges getan.

Covenant gehen nach Tracks wie das Titelgebende „Leaving Babylon“ oder auch „Prime Movers“ lehnen sich zwar an der Vergangenheit an, ohne altbacken zu klingen. Stellenweise kokettieren Covenant mit modernen Dance- und Triphop-Einflüssen ohne ihre Wurzeln zu verlieren.

Weg gehauen werde ich von Tracks wie „Thy Kingdome Come“ oder „Ignorance and Bliss“. Diese Tracks haben mich in ihrer Eingängigkeit überzeugt. „Last Dance“ öffnet sich zu einem Klangteppich, der mich dahin schmelzen lässt. So muss eine gute Platte von Covenant klingen. Danke!

Mit „Walk Slow“ eröffnet sich mir ein neues künstlerisches Bild bei Covenant. Eine Gitarre habe ich bisher nicht so häufig gehört. Dafür knarzt sie jetzt durch den Verstärker, dass es einem Angst und Bange wird.

Mit „Leaving Babylon“ haben Covenant mich wieder eingefangen. Stellenweise an gute alte Zeiten erinnert und viele neue Eindrücke gewonnen ist es schade, dass sie bereits durch deutsche Hallen gereist sind.

10.09.2013: Clarence + Napoleon - Breaking the silence

Es ist schon schwer, gerade als Duo heutzutage noch Eindruck zu erwecken. Gerade, wenn man im Bereich der elektronischen Tanzmusik Fuß fassen will. Trotz dessen oder gerade deshalb starten Clarence+Napoleon jetzt mit „Breaking the silence“ durch. Ein Ansammlung von zwölf Trakcs, die im laufe der letzten zwei Jahren entstanden sind.

Das tragische „Breaking the silence“ als Opener lenkt die Stimmung erst mal in eine andere Richtung, die das Album in seinem Laufe nimmt. Selten bringt mich so tragisch ruhiges Stück dazu, die Anlage nochmals lauter zu drehen. Respekt für den Start. Aber wer glaubt, dass C+N jetzt nur auf düster machen irrt gewaltig. Sie machen zwar keinen Funpop, treiben aber mit Stücken wie „Angels“ auch zum tanzen an.

Ein Stück wie das äußerst geniale „Mother“ von DANZIG zu seinem eigen zu machen, ist schon eine Herausforderung. C+N haben sich nah an das Original gehalten ohne abzukupfern. Sorry , aber in diesem Falle finde ich mit Öfteren Hören tatsächlich das C+N-Cover um einiges besser, als die DANZIG-Version.

„Breaking the silence“ ist ein sehr anspruchsvolles Album, das nicht einfach so dahin plätschert, sondern das zum zuhören einlädt.

Anspieltipp: Breaking the silence, 5 Seconds, Body & Melodies, Do that thing


Clarence+Napoleon - Mother on MUZU.TV.

 

10.09.2013: Glasvegas - Later...When the TV Turns to Static

Glasvegas aus Glasgow/Schottland melden sich endlich mit ihrem dritten Longplayer “Later...When the TV Turns to Static ” zurück. Ganze zwei Jahre hat es gebraucht, diese Platte fertig zu stellen. Und es hat sich gelohnt. „Later...When the TV Turns to Static“ ist eine gefühlsgeladene Platte, die sich nicht immer nur mit Liebeleien beschäftigt, sondern auch mit ihren Schattenseiten. Das Geräusch, wenn es kein Programm mehr im TV gibt, kennen wir dank Non-Stop-Berieselung hierzulande ja nicht mehr. Es scheint aber in Schottland noch zum Nachtleben alleingelassener dazu zu gehören. Und die Stimmung, die entsteht wenn das Programm endet und nur noch Schnee im Fernseher zu sehen ist, beschreibt am besten die Platte.

„Later...When the TV Turns to Static“ pendelt zwischen frustrierender Kühle, die sich immer wieder mit wärmenden Melodien umgibt. Egal ob es um den Namengebenden Albumopener oder auch um Stücke wie „Youngblood“ oder das Gänsehautbringende „I’d rather be dead“ geht. Glasvegas fesseln mich vom ersten Track an. Der Herbst kann beruhigt Einzug halten. Glasvegas liefern den passenden Soundtrack zur Depression.

Die Vorabsingle erinnert mich an glorreiche Editors-Zeiten, was wahrlich keine schlechter Verweis ist. Es wird der Bogen von eingängen Tracks zu anspruchsvoller Musik im Handstreich genommen. Nicht umsonst wurden Glasvegas in der Vergangenheit bereits hochgelobt und in ihrer Heimat mit Platin für das erste Album belohnt.

Die erste Platte ist immer die, an dem alles gemessen wird. Die zweite Platte ist die, die meist missverstanden wird. Mit der dritten Platte fängt man an, sich endlich frei zu schwimmen. Und Glasvegas schwimmen mit „Later...When the TV Turns to Static“ in sicherem Fahrwasser.


Glasvegas - If on MUZU.TV.

19.08.2013: EMMA6 - Passen

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„Ich weiß nicht genau, ist es nur ein Traum?“ Dass es auch heute noch gute Bands im Bereich des intelligenten Deutschpop gibt? All die neuen Bands, die uns täglich um die Ohren gejagt werden. Ständig werden Künstler aus den Fußgängerzonen in die Studios gezerrt, damit die nächsten Stars schnelllebig durchgereicht werden. Die Maschine muss ja Futter haben.

Schnell durchgereicht werden hoffentlich nicht EMMA6 aus Köln, beziehungsweise jetzt Hamburg. Mit „Passen“ legen sie bereits ihr zweites Album vor. Und das kann sich hören lassen. EMMA6 sind nicht laut und nicht leise. Stücke wie „Passen“ laden zum zuhören ein. Einfach mal zurück lehnen und den Worten lauschen. Während sie auf „Soundtrack für dieses Jahr“ (2011) noch ansatzweise in eine Schublade drängten, schaffen sie mit „Passen“ ihre eigene und fühlen sich vom ersten Ton der Platte sauwohl darin.

Die erste Single „Wie es nie war“ und das grandiose Video zur Single haben bei mir vom ersten Klang her die Vorfreude auf das Album entfacht. EMMA6 sind aber nicht nur Leisetreter vor dem Herrn. „Ich hab die Band zuerst gekannt“ klingt zwar für mich wie eine Anlehnung an die Jungs von Kraftklub, ohne zu kopieren. „Drehen uns im Kreis“ ist ein fulminanter Abschluss für die Platte, der mich anfangs in die falsche Richtung schickt, um dann wieder versöhnlich in die richtige Bahn zu lenken.

„Passen“ ist als zweites Album ein Geniestreich. Eine Platte, die nicht den Vergleich mit anderen Bands scheuen muss. Die Platte schafft Standards, an denen sich andere messen lassen sollten. EMMA6 sind definitiv keine Massenware, die im Kommerzdschungel der deutschen Radiolandschaft verheizt werden sollten. Da soll noch mehr gehen. Da geht noch mehr.

14.07.2013: New Order - Bestival

Bestival ist ein vier tägiges Musikfestival, welches jedes Jahr auf der Südenglischen Isle of Wight stattfindet. Jedes Jahr schaffen es die Organisatoren, kleine und große Bands zusammen zu trommeln, die dort für wenig Geld aufspielen. Ein Großteil der Erlöse von Bestival fliesst dem Umweltschutz zu.

Nachdem 2011 The Cure bei Bestival spielten und das Set mitschneiden liessen, haben sie im Folgejahr unter dem simplen Namen „Bestival“ eines ihrer besten Livealben veröffentlicht und den kompletten Erlös gespendet. Nun haben keine geringeren als New Order sich in den Kreis der Bands bei Bestival eingereiht und haben ebenso wie The Cure ihre Liveaufnahe veröffentlicht.

BESTIVAL ist nach sehr langer Zeit endlich mal wieder ein richtiges Lebenszeichen der Manchester-Band und die erste offizielle Liveaufnahme ohne Peter Hook. Wobei ich bemerken muss, dass für mich der Weggang von Hook nicht sonderlich hörbar ist. Vielmehr ist das Album nahezu ungefiltert ein Einblick in die Livequalitäten New Orders. Auch nach mehr als fünfunddreißig Jahren auf der Bühne klingen New Order immer noch unvergleichbar.

BESTIVAL bietet einen Querschnitt durch ihre gesamte Karriere. Von den Anfängen als JOY DIVISION (Isolation, Transmission) bis zu ihren letzten Veröffentichungen. Von daher ist BESTIVAL für mich eine bessere Alternative zur jüngst erschienen „Total“-Compilation. Einziger Wehmutstropfen ist, dass New Order darauf verzichtet haben, dass komplette Set zu veröffentlichen. Zum originalen Set fehlen drei Stücke, die aber nicht sonderlich ins Gewicht fallen, wenn man nicht selber die Setlist auf der Tour erleben durfte.

New Order können es noch und werden auch ohne Peter Hook noch weiter mit mischen. BESTIVAL zeigt auf jeden Fall, dass es sich lohnen würde, sich auf jeden Fall  New Order live anzuschauen.

02.07.2013: Austra - Olympia

Was soll ich sagen? Ich bin nahezu sprachlos, wenn ich mir „Olympia“, das neue Album der kanadischen Formation Austra anhöre. Das erste, hochgelobte Album „Feel it break“ ist aus heutiger Sicht leider gänzlich an mir vorbei gegangen. Was mich hier erwartet, sind Electrosounds, die ich eigentlich nicht aus dem Land der Holzfäller erwartet habe.

„Olympia“ besticht durch einerseits durch eine gewisse Kühle, andererseits kann man dieser Platte stundenlang zu hören. Die Stimme von Frontfrau Katie Stelmanis erinnert mich stellenweise an Susann Sundfor, was wahrlich keine schlechte Referenz ist. Ich mag Stimmen, die abseits der Norm liegen. Und Stelmais‘ Stimme paart sich ausgezeichnet mit der Music Austra’s.

Mal bekommt eine Gänsehaut, weil die Tracks düster und Geheimnisvoll wirken (What we done?), mal möchte man einfach nur abtanzen (Painful like). Angehaucht durch Old-School Discoelemente treibt die Platte nach vorne und macht Hunger auf mehr. Dabei ist „Olympia“ keine reine Electroplatte. Stücke wie „Sleep“ oder „Home“ überzeugen auch durch den Einsatz natürlicher Klänge wie Gitarre, Klavier oder auch Congas.

„Olympia“ überrascht mich vom ersten bis zum letzten Ton. Die bereits erwähnte stimmliche Ähnlichkeit mit Susann Sudfor und die musikalische Ähnlichkeit mit einigen Björk-Stücken macht eine interessante Platte im Einheitsbrei der heutigen Musiklandschaft aus. Gerne mehr davon und das schnellstmöglich.


Austra - Home (Official Video) von domino

30.03.2013: Orchestral Manoeuvres In The Dark – English Electric

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Ups, da sind sie schon wieder. Dafür, dass OMD mal getrennte Wege gegangen sind und auf ihre alten Tage es ein wenig ruhiger angehen lassen wollten, haben sie sich aber ins Zeug gelegt. Bereits während ihrer „History Of Modern“-Tour (2010) hatten sie den Titel für das nächste OMD-Album angekündigt und somit die Erwartungshaltung, dass zeitnah ein neues Album folgen könnte, sehr hoch geschraubt. Aber kann das gut gehen, wenn man sich selbst schon vorzeitig mit Vorschusslorbeeren überschüttet? Zu oft ist sowas schon nach hinten losgegangen. Warum soll es denn jetzt klappen.

Doch siehe da, OMD halten Wort. Knappe zwei Jahre wurde an dem Album gearbeitet, und man hat sich von vielen Gründervätern der elektronischen Musik beeinflussen lassen, ohne seine eigenen Wurzeln zu verleugnen. „Englisch Electric“ hat alles, was ein OMD-Album haben sollte. Eingängige Popnummern, fürs Radio geschrieben und viel Freiraum für Experimente, die meist nur eingefleischte Fans kennen. Da, wo „History Of Modern“ zeitweilig zu experimentell wirkte, beinhaltet „English Electric“ klassische OMD-Züge. Ich steige in das Album voller Verzücken ein, kommt es mir doch so vor, als wenn ich Stücke wie „Night Cafe“ oder „Stay with me“ schon seit mindestens zwanzig Jahren kenne, sie aber trotzdem jetzt das erste Mal höre. Die Platte wirkt neu und alt zugleich. Nichts wird dem Zufall überlassen, und OMD gehen in jedem Falle auf Nummer sicher, ohne ängstlich zu wirken.

Aber muss eine Platte mit einem fast achtminütigen Track beginnen? Das merkwürdige an „Metroland“ ist für mich, dass es gar nicht auffällt, das der Track so lang ist. Dabei verbinden OMD gekonnt klassische Popmelodien mit Klangwelten, die man eigentlich eher von Kraftwerk kannte, als die noch als Innovativ galten. Die ausgekoppelte Singleversion klingt da schon fast unfertig und lässt keinen Platz, in das Stück einzusteigen.

„Stay with me“ ist das OMD-Stück, das wir alle kennen. Paul Humphreys hört sich mit seinen dreiundfünfzig Jahren immer noch wie der kleine schüchterne Teenager an, der schon in den Achtzigern die Haare schön hatte, aber trotzdem immer in der Ecke stand und den Mund nicht aufbekam. Auch wenn ich persönlich für diese Balladen nicht immer zu haben bin, mag ich den Track. Da schwingt was von „Souvenir“ mit, was schon mal keine schlechte Referenz ist.

Als potenzielle Hitsingle sticht auf jeden Fall „Dresden“ aus dem Album hervor. Ein bisschen „Pandoras Box“, ein bisschen „Sister Mary Says“, fertig ist der Radiohit. OMD können es halt.

OMD haben es geschafft, sich gekonnt in die Liga der Altmeister zurück zu spielen. Auch wenn musikalisch „English Electric“ ein wenig eingeschränkt ist, gleichen OMD dieses gekonnt durch ihre typischen eingängigen Melodien wieder aus. Sie sind keine Depeche Mode. Müssen sie auch nicht. Aber sie sind vielfältiger als so viele andere Bands ihrer Zeit, die sich heute nochmal aufmachen, neue Platten zu veröffentlichen. „English Electric“ – Das sind OMD!


OMD - Metroland on MUZU.TV.

30.03.2013: Rover - Rover

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Es gibt ab und zu Platten, die hört man und die fesseln einen von den ersten Klängen. Da kann es auch egal sein, ob man jetzt eher auf Electropop, Metall oder Rap steht. Es kann immer mal wieder vorkommen, dass sich da eine Platte einschmuggelt, von der man überwältigt ist.

So ergangen ist es mir bei Rover, eigentlich Timothèe Règnier mit seinem Debüt „Rover“. Einflüsse von den Beach Boys bis Bowie und ein wenig Supertramp schwingen in den einzelnen Stücken mit, ohne nachgespielt zu wirken. Eine gewisse Schrägheit lässt seine französische Herkunft erahnen. Seine persönlichen Erfahrungen als Frontman einer Punkband lassen sich in einigen Kompositionen heraus hören.

„Rover“ bindet sich in den Reigen vieler neuer Platten französischer Künstler und Bands ein, die sich wieder mehr dem internationalen Markt öffnen. Stücke wie „Tonight“ oder das bluesige „Lonely Man“ zeigen auf, dass Rover eine musikalische Bandbreite abdeckt, die man beim Einstieg in das Album noch nicht erahnen konnte. Aber auch stimmlich begibt sich Rover auf eine lange Reise. Seine markante Stimme deckt mehrere Oktaven ab und fügt sich seine Kompositionen gekonnt ein.

Das Album ist nicht laut und aufdringlich, es überzeugt durch Understatement und Zurückhaltung, ohne schüchtern zu wirken. Denn Schüchternheit ist genau das, was Rover nicht nötig hat. „Rover“ markiert erst den Anfang einer kreativen musikalischen Karriere. Und wie „Rover“ live klingen wird, kann man im April auf einigen wenigen Konzerten in Deutschland erfahren.

Tour:

  • 21.04.2013:         Köln, Studio 672

  • 22.04.2013:         München, Strom

  • 23.04.2013:         Berlin, Privatclub

  • 24.04.2013:         Frankfurt, St.Peter Cafe

30.03.2013: Mesh - Automation Baby

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Es gibt immer wieder Bands, die warten ewig auf den großen Wurf. Und es gibt Bands, die haben den großen Wurf gelandet und ruhen sich danach darauf aus. Das kann gefährlich sein, weil man in der Langeweile verkommt und keine innovativen Ideen mehr hervor bringt.

Mit Mesh tue ich mich in den letzten Jahren ehrlicherweise immer schwer. Seit ihrem 1999er Album „The Point At Witch It Falls Apart“ haben sie mich immer wieder positiv überrascht. Die Mischung aus guten Popmelodien, Rockelementen und Electro-Einflüssen sind immer schon das gewesen, was mein Ohr gerne hören mag. Auch wenn ihre Platten in den letzten Jahren immer länger brauchen, um sich in meinen Kopf einzubrennen, sind sie immer gerne aufgelegt. Okay, man muss anfangs ja auch nicht alles gut finden. Mit dem zweiten hört es sich halt oftmals besser.

Jetzt legen Mesh mit „Automation Baby“ ihr mittlerweile siebtes Studioalbum vor, welches fast keine Wünsche offen lässt. Mark Hockings und Richard Silverthorn haben wieder verstanden, vierzehn kleinere und größere Popperlen hervor zu zaubern, wo ich mich immer wieder frage, warum diese Band keinen kommerziellen Erfolg im großen Stil hat.

Das Album startet mit einem für mich klassischen Mesh-Opener. „Just leave us alone“ bietet alles, womit eine Platte starten sollte und öffnet den Horizont des Mesh-Universums. Erstes Highlight bildet dann aber dann doch „Taken for Granted“. Der Track klingt zwar an einigen Stellen etwas überladen, treibt doch gewaltig an. Ein bisschen weniger Pop, aber dafür ein wenig mehr Wumms, fertig wäre der Hit. „I need to start again – take me far away“ heisst es da. Einen Neustart benötigt der Track nicht, aber ein wenig mehr Risikobereitschaft wäre nicht schlecht. Da setze ich dann aber auf die Liveumsetzung. Aber was ist dagegen bei „You want what’s owed to you“ schief gelaufen? Der Track klingt für mich zu glatt gebügelt. Die Melodie klingt für mich wie tausend Mal gehört und immer weiter geskipt. Und irgendwie verfliegt die Anfangseuphorie, und es braucht für mich lange, wieder in das Album einzusteigen. Zu glatt klingen Tracks wie „Automation Baby“ oder „The Way I feel“. Es fehlen die Höhepunkte in den einzelnen Tracks und so plätschert ein großer Teil der Platte vor sich hin. Erst sechs Tracks später steige ich bei „Born to lie“ wieder ein. Da ist sie wieder, die typische Mesh-Platte. „Born to lie“ eignet sich zum tanzen und abfeiern. Der Track ist laut und treibend und beinhaltet die gewisse Tragik, die Mesh immer wieder in ihren Stücken verstecken können.

„Automation Baby“ kommt weitestgehend ohne große Höhepunkte aus. Schade eigentlich, aber es bleibt für mich erst mal bei Mesh nichts Prägnantes hängen. Liegt es daran, dass sie es sich mit „Automation Baby“ zur Aufgabe gemacht haben, ein s.g. Konzeptalbum zu schaffen? Beschäftigen sie sich doch durchgehend mit der sich stetig verändernden Konsumgesellschaft aus sozialen Netzwerken und der daraus resultierenden Anonymität der Individuen. Oder liegt es vielleicht doch an der Arbeit von Produzent Olaf Wollschläger, der in den Jahren die Alben von Mesh zu sehr in eine Richtung drängt.

Ich würde Mesh den großen kommerziellen Wurf von Herzen gönnen. Mit „Automation Baby“ haben sie auch ein gutes Album vorgelegt. Der große Wurf wird damit aber leider nicht gelingen.

28.03.2013: Depeche Mode - Delta Machine

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Seien wir mal ehrlich, was erwartet man von einer Band, die seit dreißig Jahren so ziemlich jeden Klang erfunden hat, den ein Gegenstand oder ein elektronisches Instrument überhaupt erzeugen kann. Eigentlich nicht mehr viel. Die künstlerische Geschichte von Depeche Mode scheint vor einigen Jahren bereits fertig geschrieben zu sein. Noch ein paar Preise fürs Lebenswerk und ab dafür. Danke war nett. So hatte ich mich auch schon mit dem Gedanken angefreundet, dass DM nach dem mehr als mittelmäßigen letzten Album „Sounds of the Universe“ und den ganzen Begleiterscheinungen einfach so die Segel streichen.

Aber welch Überraschung, sie wollen es noch mal wissen und Martin Gore hockt sich hin, gibt sich zu Hause den Blues und machte mit Vince Clarke nebenbei ein abgespacestes Technoalbum  und Dave Gahan begibt sich auf eine kreative Reise mit den Soulsavers. Wie sollen diese Charaktere noch mal ein schlüssiges Werk erarbeiten und in welche Richtung soll es gehen.

Der erste Vorbote „Angel“ der bereits auf der Pressekonferenz in Paris im Oktober 2012 der Presse und einem ausgesuchten Millionenpublikum via Internet präsentiert werden sollte, lies erahnen, dass Depeche Mode auf etwas neues, großes zu steuern.

Jetzt dreht sich bei mir „Delta Machine“ das 13 Album von Depeche Mode auf dem Plattenteller und ich wippe vor entzücken nicht nur mit dem Fuß. Martin Gore hat sich beim Komponieren noch weiter von der Poplandschaft entfernt, als er sowieso immer schon war und Dave Gahan leidet noch mehr als auf den letzten drei Alben zusammen. So viel Experimentierfreudigkeit habe ich Depeche Mode nicht mehr zugetraut. Es piept, knarzt und rauscht an allen Ecken und Kanten und Depeche Mode halten das Versprechen ein, dass das Album sehr viel auf Blues und Soul basiert, ohne altbacken zu klingen. Und sie überraschen durch eigenwillige Kompositionen, die auch in ihrer eigenen Geschichte vergeblich nach Vergleichen suchen lässt. Die Zeiten simpler Popmelodien sind jetzt definitiv vorbei, oder? Nicht ganz, aber sie sind weit nach hinten gerückt. Dafür werden sie lieber wieder dreckig, was ihnen in den letzten Tagen abhanden gekommen war. Nicht nur „Angel“ ist ein guter Beweis dafür. „Slow“ oder auch „Goodbye“ zeigen ganz neue Seiten an Depeche Mode. Gore schreibt Gahan wieder Songs auf den Leib und der lebt sie aus. Den Schritt zurück nach vorne wagen sie dafür dann schon eher mit der Vorabsingle „Heaven“. Von der Stimmung her musste ich anfangs an „Condemnation“ denken und habe mich von der Single ebenso wie zig andere Fans aufs Glatteis führen lassen. „Heaven“ ist der Ausnahmetrack auf „Delta Machine“. Haben Depeche Mode immer schon Vorabsingles ausgesucht, die für ein neues Album stehen, haben sie es diesmal komplett umgedreht.

Aber können Depeche Mode denn auch noch den besonderen Kick bereiten? Können sie. Wer nur einmal in Stücke wie das wunderbare „Broken“ oder in „Alone“ rein hört, wird wissen, was ich meine. Und wer dann auch noch „Should be higher“ wird vor Freude durchs Zimmer hüpfen, wie Rumpelstilzchen ums Feuer. Hier zeigt sich einmal mehr, dass Dave Gahan in den letzten Jahren viel gelernt hat, was das Schreiben von Songs angeht. Genau solche Stücke habe ich in den letzten Jahren vermisst. Hierbei lässt sich aber auch heraus hören, dass Dave Gahan zu einem gereiften Sänger geworden ist. Was bei seiner Arbeit mit den Soulsavers begann, hat er wunderbar weiter geführt. Die kaputte eintönige Stimme, die wir noch auf „Exciter“ (2001) oder „Playing the angel“ (2005) ertragen mussten, ist definitiv einer Stimme eines gereiften Mannes gewichen, der weiß, dass seine Stimme ein weiteres Instrument im Gesamtkunstwerk ist.

Aber gibt es keine Hitsingles mehr? Schließlich haben Depeche Mode es schon beim letzten Album gekonnt vermieden, potenzielle Singles nicht zu veröffentlichen. Doch! Mit „Soothe my soul“ haben sie einen Klassiker geschaffen. Treibende Beats und Bassline und dazu ein Gahan, der Gore’s Text auslebt und einmal mehr zum Sexgott der weiblichen Fans wird. Droht er doch damit, dass er vor Geilheit strotzend die Angebetete besuchen wird und sich erst dann wieder verzieht, wenn er seine Gier gestillt hat. Welche Frau im DM-Fankreis träumt nicht heimlich davon? Und wenn Dave Gahan dann auch noch lecker aussieht, wie mindestens seit zwanzig Jahren nicht mehr.

„Delta Machine“ entschuldigt für alles, was Depeche Mode ihren Fans in den letzten Jahren an Mittelmäßigkeit angetan haben. Das Warten hat sich gelohnt. Sie erfinden weder sich noch das Rad neu, ziehen dem Rad zumindest endlich eine neue Decke mit greifendem Profil auf. Sex, Gier und Weltschmerz werden mit Sicherheit immer bei Depeche Mode im Vordergrund stehen, aber wir wachsen mit ihnen und werden ihnen weiter folgen (müssen).

28.03.2013: Schiller - Sonne Live (BlueRay/DVD)

Wer ein Konzert von Schiller besucht, der begibt sich auf eine lange Reise in ferne Welten. Schon immer hat es Christopher von Deylen geschafft, sein Publikum zu fesseln und zu entführen. Man taucht ab aus der Realität und lernt Dinge zu schätzen, die man vorher nicht mal erahnen konnte.

Mit seinem siebten Studioalbum „Sonne“ (2012) entert Schiller ein weiteres Mal die Poleposition der Albumcharts und schließt nahtlos an seine früheren Erfolge an.

Doch kann eine Platte von Schiller auch live überzeugen? Sie kann. „Sonne Live“ ist eine akustische und visuelle Umsetzung, wo man nicht mehr alleine vor sich hin träumen muss, sondern im großen Stile mit abertausend Gleichgesinnten abchillen kann. Die Tracks gehen nahezu nahtlos ineinander über und sind auf der DVD/BlueRay ein wahrer Genuss. Glasklare Töne und eine sehr gelungene Bildführung fesseln mich. Dazu die Traumlandschaften Schillers, die durch eine gigantische Lightshow visuell untermalt werden.

Ein Liveauftritt von Schiller ist nicht mit einem herkömmlichen Konzert zu vergleichen. Hier wird abgeschaltet und nicht abgefeiert. Und dieses Gefühlt überträgt sich wunderbar auf die DVD. 26 Tracks, die ich jetzt im Einzelnen gar nicht erklären möchte, da es bei „Sonne Live“ um ein Gesamtwerk handelt, bei dem ich persönlich auf Anspieltipps verzichte. Was aber doch besonders herausragt, sind die Stücke mit Gastsängerin Kate Havnevik. Die Frau erinnert mich gewaltig an die Stimme von Björk, nur schöner. Ebenso wie die zweite Gastsängerin Meredith Call verbindet Kate Havnevik ihre Stimme mit der Musik von Schiller und schafft eine Traumlandschaft weit weg, wo alles schön ist.

Was mich auf der DVD/BlueRay überrascht, ist der Gastauftritt von Unheilig. Das Video von „Sonne“ in der Chill-Out Version. Dass mich der Graf mich bis in diesen Silberling verfolgt, hätte ich jetzt nicht erwartet. Aber auch wenn mir Unheilig sonst übel aufstoßen, hier passt alles zusammen.

Ich muss „Sonne Live“ jetzt nicht an einem aufregenden Samstagabend einwerfen, aber zu einem ruhigen Sonntagnachmittag bildet Schiller den passenden Soundtrack.

SCHILLER | SONNE LIVE | OFFICIAL TRAILER from schiller on Vimeo.

 

12.03.2013: Melotron - Stuck In The Mirror

Da sind sie ja wieder. Schlappe sechs Jahre nach ihrem letzten Album „Propaganda“ melden sich Melotron endlich zurück. Als Appetitanreger zum kommenden Album „Werkschau“, welches bisher keinen VÖ-Termin hat, werfen sie dem geneigten Konsumenten die EP „Stuck in the Mirror“ zum Fraß  vor. Und ich frage mich, warum es so lange gedauert hat, so eine EP zu produzieren. Melotron zeigen mit dem Titeltrack, dass sie es immer noch können und trotz langer Pause das Handwerk nicht verlernt haben.

„Stuck in the mirror“ treibt direkt auf den Dancefloor und überrascht durch den für Melotron immer noch ungewohnten Text in Englisch. Habe ich diese Band doch immer für seine Gradlinigkeit in Sachen deutsch bewundert. Die ersten zwei Durchläufe waren dann auch etwas ungewohnt. Besonders weil Andy K. beim Refrain etwas holprig klingt. Aber jetzt ist alles gut. Die harten Beats gepaart mit dem sphärischen Klangteppich begeistern mich von Anfang an.  Ein Jammer, dass Melotron kommerziell weit hinter ihrem Potenzial zurück bleiben. Der Track hätte es auf jeden Fall verdient.

Sehr Interessant klingt das Remake des 2002er Tracks „Folge mir ins Licht“. Diesmal als schwergängige Ballade bekommt der Track eine ganz neue Atmosphäre. Der Refrain, von Lauren Francis  eingesungen, irritiert mich etwas, da er im Tempo abseits des übrigen Tracks liegt. Passt aber sehr gut zusammen.

„Erase“ erinnert mich ein wenig an gute alte Wolfsheim-Zeiten. Das soll nicht abwertend klingen. Aber der Track hat seinen Platz als Bonustrack auf einer EP verdient. Durch den englischen Gesang von Andy klingt es wieder etwas ungewohnt. Vielleicht braucht „Erase“ seine Zeit. Kann aber mit den beiden vorherigen Tracks nicht so ganz mithalten.

„Angst oder Wahn“. Das sind Melotron. Mehr kann ich nicht dazu sagen. Die Erwartung wurde erfüllt. Es ist keine Eins, aber eine gute Zwei. Setzen, meine Herren.

Der „AndyK Remix“ von „Stuck in the Mirror“ haut mich jetzt nicht so vom Hocker. Aber das ist eine rein persönliche Grundstimmung von mir. Der Floor wird mit Sicherheit angeheizt. Ich aber nicht. Da bin ich dann wohl vom Alter her raus.

Für mich bleibt die Frage bisher unbeantwortet, warum Melotron so lange nicht aus dem Knick gekommen sind. „Stuck in the Mirror“ ist leider nur als limitierte CD erhältlich aber als Download bei allen gängigen Dealern zu bekommen.

 

05.03.2013: Team Ghost - Rituals

Selten startet eine Platte so bombastisch, dass ich schon beim ersten Durchlauf gleich mal lauter drehen möchte. Gerade wenn man die Band eigentlich noch gar nicht kennt, muss es schon was gutes sein, wenn der erste Track „Away“ mich so in den Sessel drückt und mich gleichzeitig in eine weite Athmosphäre entlässt. Was Team Ghost auf ihrem ersten Album „Rituals“ mit dem Opener starten, reißen sie sofort wieder ein, wenn die Pause vorbei ist und „Curtains“ bretthart startet. Irgendwas zwischen harten Gothklängen und schrägen Waveeinflüssen wummert aus den Boxen. Wenn man bei „Somebodys watching“ genau hinhört, merkt man wo Mastermind Nicolas Fromageau früher mal tätig war. Für mich ist die Ähnlichkeit zu M83 so klar raus zu hören, dass ich den Track auch auf dem letzten M83-Album vermuten könnte. Vielleicht nicht mit so harten Riffs, aber mit der Grundstimmung und den Chorgesängen ist es schon sehr angelehnt aber nicht abgekupfert.

Über die Vorabsingle „Dead Film Stars“ und dem so genialen Video brauche ich wohl an dieser Stelle keine Worte mehr verlieren. Unlängst hatte Fromageau zugegeben, dass er und die Band sich sehr von den Klängen Joy Divisions oder auch Cocteau Twins beeinflussen ließen, formten sie eine Platte, die auch so klingt. Nicht so düster und ohne animierte Suizidgedanken, aber auch nicht verhaltend. Nachdem die Editors den Pfad der guten Musik verlassen haben, haben sie gleichzeitig den Weg frei gemacht für Team Ghost. Und die füllen mit „Ritiuals“ diese Lücke mehr als aus. Wobei Team Ghost auch nicht zu europäisch klingen. Eine gewisse französische Schrägheit ist im Hintergrund immer wieder zu hören und genau das ist es im gesamten, was die Platte so hörenswert macht.

05.03.2013: Fabian von Wegen - Emotionale Zitronen

Es ist schon ganz schön voll geworden in der deutschen Musiklandschaft. Die ganzen Tim Bebendzkos  und Andreas Bouranis haben sich doch schon sehr breit gemacht und man droht zu ersticken an den Klängen von Pohlmann und Co. Da hat es jeder neue Sangeskünstler oder jede neue Band schon schwer, noch eine Punktlandung zu machen.

Diese Punktlandung ist jetzt aber Fabian von Wegen gelungen. Das Debüt „Emotionale Zitrone“ klingt erfrischend und nicht so Problembeladen, wie es bereits oben genannte Barden vortragen. Herzerfrischend vom ersten Durchlauf an tritt Fabian von Wegen nicht als einer von vielen an, sondern klingt mal laut, mal leise. Textlich gut formuliert aber nicht überladen und künstlich aufgeblasen. Es klingt wie eine Aufforderung an alle gefrusteten wenn von Wegen auffordert „Fang an zu Leben und lass dich selber in dein Leben wieder rein“ („Emotionale Zitronen“). Es klingt wie von einer der besten PR-Agenturen ausgeklügelt, kommt aber so rüber, wie es sein soll. Man findet in den einzelnen Tracks immer wieder Berührungspunkte und Parallelen zum eigenen Leben. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, dass Fabian von Wegen einem den Siegel vorhält, muss man für sich selber ausmachen.

Aber ist das jetzt Musik für die, wie es das Label verheißt, „irgendwo-in-den-Zwanzigern“-Generation sein soll bleibt für mich ein Rätsel. Dafür klingen die Texte von Fabian von Wegen zu erwachsen und überlegt. Es ist etwas zwischen allem, was einen ansprechen kann. In jeder Generation findet man jemanden, auf den „Sie ist so Wow“ bis auf den Punkt zutrifft. Oder die bittere Ballade von „Frau Meyer & Herr Schulze“, die eine Aufforderung ist, wieder mehr zu Leben obwohl wir eigentlich gar keine Zeit haben.

Natürlich hat „Emotionale Zitronen“ seine Radiotauglichen Gassenhauer. Aber besonders Interessant sind gerade die leisen Töne auf der Platte. Damit unterstreicht Fabian von Wegen, dass die Platte keine lapidare Eintagsfliege sein soll, sondern dass man erwarten kann, das dem Debüt weitere Platten folgen werden.

10.02.2013: Depeche Mode - Heaven (Single)

 

Ich habe es ganz bewusst vermieden, mich zu den Phantasten oder zu den gnadenlosen Kritikern zu gesellen und habe der neuen Single „Heaven“ von Depeche Mode eine ganze Woche Zeit gegeben, auf mich zu wirken.

Und es hat gewirkt. Selten war ich als Depeche Mode-Fan auf der einen Seite so enttäuscht und doch hoch erfreut über eine neues Lebenszeichen. Mit „Heaven“ machen Depeche Mode eigentlich nichts anderes als sonst. Alle erwarten nach dem Track „Angel“, der bereits im Herbst 2012 auf der Pressekonferenz gespielt wurde, dass sich Depeche Mode mit einer harten Electro-Blues-Rock-Mischung auf der Bildfläche erscheinen. Und ähnlich wie früher mit „I feel you“ oder „Personal Jesus“ drehen sie den Spieß um. Die Bombasthymne „Heaven“ ist sehr minimalistisch angelegt. Drums, Klavier, Gitarre und ein wenig Spielerei, das muss reichen. Darüber liegt Dave Gahan’s Gesang, der von Platte zu Platte immer besser wird. Der Mann läuft bei „Heaven“ zu Höchstformen auf. Mit Sicherheit fühlt er sich gestärkt durch seine Arbeit mit den Soulsavers 2012. Man hört es ihm an. Und direkt darunter liegt die Gesangsspur von Martin Gore. Die beiden alten Herren harmonieren so gut, wie schon seit so vielen Jahren nicht mehr. „Heaven“ ist eine Hymne. So bombastisch, dass ich mich frage, was bei Martin Gore zum letzten Album schief gegangen sein muss. Eher enttäuschend für mich sind dann mal wieder die unzähligen Remixe, die Depeche Mode wieder haben anfertigen lassen Der „Owlle Remix“ ist hierbei der gelungenste, der Depeche Mode mit „Heaven“ auch wieder mal eine Rotation im Radio bringen könnte. Der „Steps To Heaven Rmx “ sowie der „Matthew Dear Vs. Audion Vocal Mix“ sind für mich persönlich, wie viele Mixe in den letzten zwanzig Jahren nichts anderes als Zeitverschwendung. Relativ unterhaltsam klingt da dann doch schon der „Blawan Remix“.

Eine wirklich Überraschung für jeden Depeche Mode-Fan muss der Bonustrack „All thats mine“ sein. Depeche Mode spielen wieder. So kann man es am besten betiteln. „All thats mine“ hat alles, wirklich alles, was alteingesessene Devotees in den ganzen Jahren vermisst haben. Die Bassline wummert durch die Boxen gepaart mit Synthiespielereien, die nicht künstlich alt wirken sollen, mit einem wunderschönen Refrain in der Mitte. Man fühlt sich zurückversetzt in die Zeit von „Black Celebration“ oder „Violator“. „All thats mine“ beweißt es mal wieder, dass Depeche Mode gerne ihr Potenzial, die Fans zu begeistern unterschätzen. Nicht selten sind Fanlieblingssongs als Single-B-Seite verendet.

Mit „Heaven“ und „All thats mine“ haben Depeche Mode auf jeden Fall die Vorfreude auf das kommende Album „Delta Machine“ noch mehr gesteigert. Sie können es noch. Und das ist gut so!

10.02.2013: Douglas McCarthy - Kill Your Friends

Ich habe mich ehrlicherweise sehr schwer getan mit dem Gedanken, dass Douglas McCarthy jetzt nach höherem strebt und jetzt versucht, auch als Solokünstler zu punkten.

So dreht sich „Kill Your Friends“ schon zum geschätzten hundertsten Mal im Player und versucht mich davon zu überzeugen, dass McCarthy es auch ohne Nitzer Ebb schaffen kann. Er kann es mit Sicherheit. Aber wer nun mal den Ruf weg hat, Shouter bei einer der wichtigsten EBM-Bands der End-Achtziger/Anfang Neunziger zu sein, der muss sich ganz weit aus dem Fenster lehnen, um eine sichere Landung hinzubekommen.

„Kill Your Friends“ beginnt sogar gar nicht so schlecht. „Death is king“ kommt mit leichten Club-Beats gepaart mit einer typischen Bassline, die sich McCarthy mit Sicherheit aus dem Fundus von Nitzer Ebb ausgeliehen hat. Aber McCarthy mit Backingvocals eines Frauenchors, das ist mir schon neu. Der Track lässt mich aufhorchen. Aber einen Weltenbrand am Anfang einer Platte zu erwarten, wäre jetzt übertrieben.

Mit „Hey“ tue ich mich dann aber auch ganz schnell schwer. Zu schnell ist für mich zu erkennen, dass Doug McCarthy bei der Platte sich zu sehr an allem bedient, wo er in den Jahren sich musikalisch beteiligt hat. Bei „Hey“ ist eine entschiedene Portion zu viel RECOIL eingeflossen. Auch wenn es nicht abgekupfert klingt, die Anlehnung an die Arbeit mit Alan Wilder ist mir nach dem Opener eine Spur zu viel.

Aber McCarthy versucht auch eigene Wege zu gehen. Da fällt mir das strange „Find you“ am ehesten ein. Siebziger Backingvocals und mit elektronischen Spielereien und einem überraschenden Refrain. Ich glaube, einen meiner Lieblingstracks gefunden zu haben.

Aber kaum finde ich einen Track, der mich nach vorne bringt, schlägt McCarthy eine Kehrtwendung ein. „Move on“ ist ein typischer Nitzer Ebb-Track. Harte Bassline, McCarth-Shouts, alles da. Alles schon mal gehört.

Douglas McCarthy hat es nicht geschafft, mich zu überzeugen. Ich erwarte, wenn ein Frontmann eine Soloplatte machen will, dass er Veränderung will. Im Ganzen beinhaltet „Kill Your Friends“ keine nachhaltigen Überraschungen. Douglas McCarthy kann nicht aus seiner Haut und es wird auch kein großer Sänger aus ihm. Er ist ein guter Shouter aber kein begnadeter Sänger.

 

13.10.2012: Muse - The 2nd Law

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Ich habe es beabsichtigt vermieden, mich den ersten Eindrücken von Muse‘ neuem Album „The 2nd Law“ hinzugeben. So eingängig kann die Platte doch nicht sein? In England und auch bei uns von vielen Anhängern der ersten Stunde als Abschaum und Schrott betitelt, wollte ich diese Platte erst mal ein bisschen sacken lassen ohne auf irgendeinen Meinungszug aufzuspringen.

Dennoch muss ich für mich erkennen, dass der erste Eindruck schon wegweisend sein kann. „The 2nd Law“ weicht an so einigen Stellen gravierend vom typischen Muse-Stil ab. Sie öffnen sich anderen Stilen mehr denn je ohne sich anzubiedern.

Die erste Singleauskopplung „Madness“ baut sich langsam auf und endet in einer wahren Hymne.  Der Track entwickelt sich vom mystischen Leisetreter mit Electroeinflüssen zum Rockbrecher, wie ich es eigentlich von Muse eher erwartet hatte. Das äußerst geniale Video thematisiert Gewalt im Ganzen und zeigt die surreale Welt, wo sich mitten in einem Straßenkampf mit der Polizei zwei finden und wieder verlieren.

Die Abkehr vom Bombastrock hin zum funky Dancefloor zelebrieren Muse mit „Panic Station“.  Anlehnungen an siebziger und achtziger Black-Disco lassen mich dann zwar kurz mal überrascht zusammen zucken, aber dann groovt es gewaltig. Selten habe ich im Backkatalog von Muse ein Brett wie dieses gehört.

Mit „Survival“ haben Muse ja bekanntlich den Titeltrack zu den olympischen Spielen in London abgeliefert. Der Track beruhigt da schon wieder fast die Muse-Anhänger. Wobei ich mich doch ein wenig zu sehr an Queen erinnert fühle. Zwar haben sich Muse schon immer in diesem musikalischen Umfeld bewegt, aber jetzt ist es dann doch genug. Das hat mehr mit Musical als mit Rockmusik zu tun.

Überrascht bin ich dann wieder von „Safe me“. Einem eher ruhigeren Track, der ausnahmsweise mal nicht von Matthew Bellamy gesungen wird. Dafür darf Bassist Christopher Wolstenholme dann mal ans Mikro. Der Track ist für mich extrem untypisch für Muse und steht auf dem gesamten Album eher alleine da.

Aber ist „The 2nd Law“ jetzt eine gute Platte? Ja mit Gewissheit. Muse verstehen es den Geist von Freddie Mercury und Queen mit dem Funk eines Prince zu kombinieren. Nach dem bombastischen 2009er „Resistance“-Album haben sie gut daran getan, sich anderen Genres zu öffnen. Aber nicht zu sehr, dass sie ihr Gesicht verlieren. Muse bleiben immer noch Muse. Keine Angst!

04.10.2012: Susanne Sundfør – The Silicone Veil

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Okay hier hat man es jetzt mal nicht mit leichter Kost zu tun. Susanne Sundfør tritt nicht unbedingt an, um die breite Masse zu befriedigen. Eine Mischung aus psychodelischen Sixties-Klängen, gepaart mit traurigen Texten voller Verzweiflung und Trauer plus eine gewaltige Priese moderner elektronischer Beats und Effekten.

Susanne Sundfør nimmt auf „The Silicone Veil“ den Hörer mit auf eine Reise durch nordische Ebenen die tiefer nicht sein können. „White Foxes“ sprüht musikalisch so viel Optimismus aus, dass mich anhand des Textes nur die Musik vom schnellen Suizid abhält. Wer so tief traurige Geschichten so positiv erzählen kann, wird kein schlechter Mensch sein.

„Can you feel the Thunder“ ist so getragen, dass es mir das Blut in den Adern gefrieren last, bevor es 32 Takte später wieder aufgekocht wird. Das Wechselbad der Gefühle für kalte Herbsttage geht direkt in das wunderschöne Instrumental „Meditation In An Emergency“ über. Nicht zuckersüß sondern schön klingt es und man bekommt Bilder im Kopf aus irgendwelchen nordischen Krimis am Sonntagabend.

„The Silicone Veil“ – der Titeltrack des Albums des Albums gipfelt für mich neben Elfenhaften Lyrics in einem Electro-Track mit hohem Unterhaltungswert. Stellenweise fühle ich mich an frühe Ultravox erinnert, was wohl an der Klavierkomposition liegen wird.

Susanne Sundfør hat mit ihrem eine perfekte Antwort auf alle gegeben, die immer dachten, neben Alan Wilders „Recoil“ schafft es keiner, ebenso fesselnde Klänge zusammen zu fügen. Der Herbst 2012 hat seinen Soundtrack und Susanne Sundfør hat ihn kreiert.

Susanne Sundfør - White Foxes (Official video) from Susanne Sundfør on Vimeo.

29.09.2012: Joachim Witt - DOM

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Da ist er ja wieder! Tausend Mal ist er schon musikalisch gestorben und doch immer wieder irgendwie wiederauferstanden. Joachim Witt hat nach allen Todessehnsüchten der Bayreuth-Reihe endlich ein neues Fahrwasser gefunden. Das mittlerweile 63 jährige Urgestein der deutschen Popmusik wendet sich ab vom Rammsteinischen Brachial-Rock zu nachdenklichen Tönen, die geprägt sind von Glaubensbekenntnissen und Läuterung.

„DOM“ wird eröffnet von der pompösen Vorabsingle „Gloria“, wo sich Witt direkt an eine höhere Macht zu wenden scheint. Der Glaube an Gott oder die Suche danach wirkt beim ersten Durchlauf eher belanglos. Erst beim wiederholten Male öffnet sich einem der Text. Was Joachim Witt allerdings bei der Idee zum Video zu „Gloria“ geritten haben könnte, weiß der Meister nur allein. Soldaten schänden Frauen und Kinder bevor ihnen Flügel wachsen und sie um sich schießend ins Himmelreich aufsteigen. Keine leichte Kost, die im weichgespülten Musik-TV der Gegenwart wenig Anklang finden wird.

Aber kann man Joachim Witt den Wandel zum gläubigen Prediger abnehmen? Nein, denn er wäre nicht Witt, wenn er nicht doch noch irgendwo einen kleinen Widerhaken eingebaut hätte. An unbefleckte Empfängnis und den heiligen Geist kann ich auch nach „Dom“ nicht glauben. Sonst würde er sich nicht in „Komm nie wieder“ abwenden. Ob vom Glauben oder von jemanden, bleibt unbeantwortet. Eine große Ballade von Trennung und Schmerz, die auch persönlicher Natur sein könnte.

Mit „Dom“ scheint sich also der Kreis zu schließen. Der Herbergsvater hat die Flut überstanden und der goldene Reiter hat den Gaul abgesattelt. So scheint sich Witt in „Untergehen“ vom Hörer zu verabschieden. Die nächste thematische Stufe im musikalischen Schaffen ist erklommen.

Anspieltipp: „Gloria“, „Jetzt geh“, „Komm nie wieder zurück“, „Untergehen“

 

20.09.2012: Pet Shop Boys - Elysium

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Was soll man schlechtes über die Pet Shop Boys schreiben, wenn einem nichts einfällt? Schon schwierig objektiv zu beurteilen, ob Neil Tennant und Chris Lowe es geschafft, einen ebenbürtigen Nachfolger für ihr 2009er Album „Yes“ zu kreieren. Die Frage, die sich stellt ist, ob sie es überhaupt wollten.

Die Pet Shop Boys sind nach fast dreißig Jahren im Business an einem Punkt angekommen, wo sie endgültig alle Zwänge ablegen könnten, wenn sie denn welche hätten. Grundsätzlich sind ihre Platten anders ausgefallen, als man es sich gedacht hat. Doch irgendwie zieht sich diese Methode durch ihre gesamte Karriere. Dem Überalbum „Actually“ (1987) folgt das etwas sperrige „Introspective“ (1988) und dann auf dem ersten Höhepunkt das fast schon düstere „Behaviour“ (1990).

Und so ist es dann auch jetzt wieder verlaufen. Nach „Yes“ und der grandiosen „Pandemonium-Tour 2009“ haben Tennant und Lowe wiedermal die Bremse angezogen und legen mit „Elysium“ ein eher verhaltenes Album vor, dass leider viele Kritiker hervor ruft, die PSB im Endstadium sehen. Das Album gleich mit einem Trennungssong „Leaving“ zu beginnen ist mit Sicherheit ein nicht so positiver Einstieg. Wobei der Song eigentlich nichts anderes als ein Klassiker sein muss. So haben sich die Pet Shop Boys immer angehört. Keine grellen Farben, keine lauten Bläser sondern britisches Understatement. Überraschter bin ich dann doch von der Vorabveröffentlichung von „Invisible“. Der Track ist für meinen Geschmack als Appetitanreger sehr gewagt ausgewählt gewesen. Das Video allerdings empfand ich als künstlerisch sehr gelungen. Akteure entsteigen Bildern und verschwinden darin und werden unsichtbar.

Mit „Winner“ haben die Pet Shop Boys es wohl gezielt auf die olympischen Spiele in London abgesehen. Der Track gleicht einer Hymne, die allerdings so durch plätschert, ohne großen Wiedererkennungswert. Und so scheint die Platte nicht wirklich an Fahrt aufzunehmen. Ruhige mystische Töne und eher langsame Tracks überlagern. Bis auf wenige Ausnahmen („Face like that“, „Ego Music“) bleibt es auch dabei. Einziger Rausreißer ist dann noch das positive „Hold On“. Mit großem Chor verspricht Neil Tennant uns, dass wir alle durchhalten sollen. Hier haben die Pet Shop Boys alles aus der Schnulzschublade geholt. Die Einflüsse ihrer Ausflüge in die klassische Musik oder auch in die Musical-Produktionen werden in einem zusammen gefasst.

In den ersten Durchläufen hat mich „Elysium“ am ehesten an die „Behaviour“ erinnert. Keine lauten Töne aber trotzdem ein weiteres Stück im großen Pet Shop Boys-Puzzle. Eine Platte, wie man mit Verlaub sagen muss, auch dem Stand ihrer Karriere zugestehen muss.

11.09.2012: De/Vision - Rockets & Swords

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Es gehört schon einiges an Können dazu, sich zwanzig Jahre im Showbiz zu halten. Alles ist schnelllebig und austauschbar. Nur wer sich in den Vordergrund drängt, bleibt im Gespräch. Ob positiv oder negativ ist völlig egal. Die PR-Maschine muss gefüttert werden auch wenn es eigentlich keinen interessiert, was innerhalb von Bands so passiert. Dreckige Wäsche muss. Danke Facebook und Twitter in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Da freut es mich umso mehr, dass Steffen und Thomas, besser bekannt als De/Vision, sich an solchen Machenschaften nicht beteiligen müssen.

Kontinuierlich sind ihre Platten im Gegensatz zum Einheits-Electropop abseits der Norm. Immer wieder werden kleine oder größere Widerhaken in ihre Produktionen eingebaut, sodass man auch bei älteren Platten auch heute manchmal überrascht die Augenbrauen hoch zieht. So auch jetzt wieder bei ihrem neuen Longplayer „Rockets & Swords“. Auch wenn ich viele Jahre den rockigen Zeiten der „Void“ (2000) nachgetrauert habe, bin ich nun auch vollends davon überzeugt, dass De/Vision ihre vollkommene Rückkehr zum Electropop erfolgreich abgeschlossen haben.

Selten hat mich eine Platte von ihnen in all den Jahren so durchgehend unterhalten. Schon der Opener „Boy Toy“, der ein wenig mystisch klingt. Eine Mischung aus Kraftwerk und Haujoob. Das De/Vision ihre Wurzeln im Synthiepop haben bleibt an manchen Stellen nur angedeutet, lässt sich anderswo nicht leugnen (Superhuman/Bipolar). Schwer tragene Töne und zuckersüße Balladen (Beauty of Decay) zeigen auf, welches kreative Potenzial dieses Mal ausgeschöpft wurde.

Der Höhepunkt des Albums ist aber definitiv die erste Auskopplung „Brotherhood Of Man“. Der minimale Einsatz der Gitarre und die Stimme von Chrystin Fawn (Hearhere) als Gastsängerin fesseln mich mit jedem neuen Anlauf. Wer das wirklich gute Video gesehen hat, wird die Bilder nicht wieder los. Ein Jammer, dass das klassische Musikfernsehen in Deutschland mehr als klinisch tot ist. Aber auch Video hatte sich der Track frühzeitig in meinen Gehörgängen eingenistet.

Mit „Binary Soldier“ locken De/Vision dann auch endlich mal wieder die Hörerschaft auf die Tanzfläche. Obwohl so eingängig ist der Track aber auch wieder abseits von vielem, was heute so im Electropopbereich vorgesetzt wird.

De/Vision haben (mal wieder) keine Tanzplatte gemacht. Das brauchen sie auch nicht. Dafür sind andere Bands da. Denn Tanzplatten sind auch schnell im Regal verschwunden. „Rockets & Swords“ beinhaltet das breite Spektrum von Steffen und Thomas und beweist, dass sie im Gegensatz zu so einigen andren Bands ihr kreatives Feuer noch nicht komplett verschossen haben und auch nach so vielen Jahren noch überzeugen können.

11.09.2012: Sebastian Lind - I will follow

Der Sommer ist noch nicht ganz vorbei, da flattert mir das erste wirkliche Herbstalbum 2012 ins Haus. Sebastian Lind sagte mir bis dato nichts. Also dann mal rein hören und überraschen lassen. Schwermütige Klänge, klagender Gesang erwarten mich gleich beim Opener „Still here“. Hier wird mir offenbat, dass sich hier keine schnelllebige Platte dreht, die mal eben so durchläuft. Da steckt mehr drin.

Und so geht es dann auch gleich mit „Another you“ weiter. Der Track ist nicht überlagert durch diverse Klangteppiche oderSamples. Der 23 jährige Däne Sebastian Lind hat das Album minimal arrangiert. Gitarre, Drums und ab und an einige Samples und dazu nur die fesselnde Stimme reichen völlig aus.

Die digitale Auskopplung „Never let go“ kommt mir vom ersten Klang an bekannt vor. Liegt es an der Tatsache, dass Sebastian Lind es geschafft hatte, den Track auf dem Soundtrack für die Verfilmung von Susanne Fröhlich’s „Frisch gespresst“ unterzubringen? Oder liegt es einfach an der Eingängigkeit des Tracks.

Es ist schon gewagt, so eine Platte wie „I will follow“ zu veöffentlichen. Aber eigentlich ist es egal, wie der Rahmen aussieht, wenn das gemalte Bild für sich begeistert. Kommerziell erfolgreich zu sein, ist sehr schwer. Aber wer den Mut aufbringt, für seine musikalische Überzeugung einzustehen und auch in dr noch so lauten Zeit ein leises Album zu veröffentlichen, der hat den Erfolg verdient.

 

11.09.2012: Phillip Boa & The Voodooclub - Loyality

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Fast hätte ich es verpasst. Das Großmaul aus Dortmund, der Großvater der deutschen Indiependentszene hat eine Platte raus gehauen. Phillip Boa hat den Voodooclub zusammen getrommelt um es allen anderen nochmal zu zeigen. Und Boa wäre nicht Boa, wenn er nicht allen anderen verbal die Fresse polieren würde.

„Loyality“ wird vieler Orts als bestes Album seit mindestens zwanzig Jahren gefeieret. Sowit würde ich jetzt nicht gehen wollen. Aber Boa hat wohl die schönsten Melodien zusammen gesucht, die sein kleines Notitzbuch und sein Taperecorder so gesammelt haben. Würde der Mann sich nicht so vehement gegen das Buisness wehren, würde er ganz oben mitschwimmen und seine „Black Symphony“ würde aus tausenden Radio plären.

Boa klingt auf „Loyality“ niht altbacken oder angestaubt. So frisch habe ich ehrlicherweise eine neue Platte nicht erwartet. Auch wenn das Ansehen von Pia Lund doch mit den Jahren nicht mehr frisch wie ein Pfirsich irkt, so klingt ihre Stimme noch so wie zu „Container Love“. Phillip Boa scheint seine eingängigen Stücke, wie z.B. „Want“ direkt für Pia gechrieben zu haben. Laut und dreckig, mit einer Enlgelsstimme verziert.

Eigentlich ja alles wie immer könnte man denken. Aber Phillip Boa hat sich musikalisch wieder mehr geöffnet. Lässt auch Einflüsse anderer Bands wieder mehr Raum. Egal ob von New Order (Til The Day We Are Both Forgotten) oder auch Electrosamples bei “My Name Is Leon”, die die gleich das Grundgerüst des Tracks darstellen. Wobei Boa in sehr vielen Tracks mit Keyboards zu arbeiten scheint. Selten habe ich in den letzten Jahren ein Album von ihm gehört, dass so voll mit Technik gepackt war.

Selten war Boa auch so experimentell und doch so typisch. „Lobster in the Fog“ wandelt zwischen den extravaganzen hin und her und endet dann doch wieder in den typischen Klängen, die man erwartet. Boa fordert vom Hörer Gehör wobei er den Hörer auch gleichzeitig nicht überfordert.

„Loyality“ mutiert nicht unbegründet zum bisher erfolgreichsten Boa-Album. Der Meister hat sich gefunden und sich das Geschenk zum 50.Geburtstag im Januar 2013 selbst gemacht.

 

11.06.2012: Ultravox - Brilliant

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Es scheint ja momentan wieder ganz groß in Mode gekommen zu sein, dass sich Bands, die eigentlich nie wieder etwas miteinander zu tun haben wollten, wieder zusammen finden um es miteinander zu probieren. Manchmal kommt man über eine gemeinsame Tour nicht hinaus, z.B. Yazoo 2008, oder man bleibt weit hinter den Erwartungen zurück und versucht sich irgendwie mit Tingeltangelshows über Wasser zu halten.

Natürlich kann es auch mal gut gehen. Bestes Beispiel dafür ist wohl OMD, die nach einer grandiosen Reunion-Tour quer durch Europa ein wirklich großartiges Combackalbum „History Of Modern“ mit noch größerer gefeierten Tour ablieferten.

Als Ultravox 2009 nach 25 Jahren Pause wieder gemeinsam auf Tour gingen, war die sorge groß, ob das Bündnis überhaupt bis zum Ende der Tour halten könnte. Es hielt und war so fruchtbar, dass nun nach gut 28 Jahren ein neues Studioalbum vorliegt, das einen auf eine Zeitreise in die Achtziger schickt, ohne überheblich zu wirken. Im Dschungel des Lady Gaga – David Guetta-Radioeinheitsbrei klingt „Brilliant“ wie ein Befreiungsschlag für die Generation jenseits der 35 Jahre. So ist der Einsteiger „Live“ der Beginn einer sehr guten Platte, welche man den gesetzten Herren um Midge Ure. Der Track braucht eine halbe Minute und man sagt sich, es ist so wie immer nur schöner.

Mit dem Titeltrack „Brilliant“ wird man direkt ins Jahr 1984 geworfen. Mir kommt es fast so vor, als würde dieser Track schon auf mindestens eintausend 80’s-Compilations vertreten gewesen sein. Als erstes fällt mir die Bassline auf. Eher was von „We came to dance“ als „Dancing with tears in my eyes“.

Ultravox machen eigentlich genau das, was die Hörerschaft von ihnen erwartet. Sie verstellen sich nicht sondern knüpfen ungekünstelt da an, wo sie aufgehört haben gemeinsam zu arbeiten. „Change“ ist dafür auch ein gutes Beispiel. Immer noch versteht es Midge Ure gute Songs zu komponieren, die auch dann ins Ohr gehen, wenn sie nicht aufs Radio ausgerichtet sind, sondern auch mal etwas ruhiger daher kommen.

„Rise“ klingt da schon für Ultravoxverhältnisse zu modern und verspielt. Aber es soll ja nicht das Gefühl von 1984 künstlich aufrechtgehalten werden. Natürlich darf auch ein Billy Currie mit der modernen Technik spielen, wobei darauf geachtet wird, dem Hörer nicht zu viel Modernes zu zumuten.

Ultravox sind auch auf ihre alten Tage immer noch ein wenig avantgardistisch ausgerichtet. Das merkt man auch wieder beim Aufbau von „Fall“. Einem meiner favorisierten Tracks auf dem Album. Nicht immer nur laut, sondern auch mal wieder ein wenig zurückhaltender und mystisch.

Aber ist „Brllliant“ jetzt nur eine Platte für die „ältere Generation“? Nein. Jeder kennt die typischen Gassenhauer Ultravox‘ und die findet man überall irgendwo wieder. Klassische Attitüden und harte Riffs sind zugegen und alles wird überstrahlt von der Stimme Midge Ure’s, die aber ohne den musikalischen Einfluss von Chris Cross und Billy Currie nicht die Wirkung erzielen würde, die nun vorliegt.

Anspieltipps: Live, Brilliant, Change, Fall, Lie

Im Herbst werden Ultravox dann auch wieder auf deutschen Bühnen z sehen sein, wo sie dann auch wieder den Beweis antreten werden, dass sie nicht wirklich zum alten Eisen gehören.  

06.06.2012: AndOne - S.T.O.P. + Triebwerk e.p.

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“Ach geht mir doch los mit AndOne“ – so oder ähnlich könnte ich meine erste Reaktion auf den neuen Longplayer der Band um Steve Naghavi am besten beschreiben. Zu sehr war ich genervt von den ganzen Geschichten, die den Fans innerhalb der letzten zwölf bis vierzehn Monate zugemutet wurden. Das Tanz-O-Mat Album und die lästige Geschichte um eine Tour mit Unheilig und der Griff zu den Sternen, der dann doch wegen vernünftigerweise zu kurzen Armen ausgefallen ist. Eine komplette Bandumbesetzung und der Kleinkrieg mit den ehemaligen Bandmitgliedern und den Machern von Lola Angst… All diese Dinge können das Bild um ein neues Album sehr verzerren. Dabei hat es die S.T.O.P. beim besten Willen nicht verdient, mit solchen Geschichten gepusht zu werden.

Was mir gleich auffällt, ist das fehlende Intro auf der Platte. Dafür startet das Album mit der AndOne-Hymne schlechthin. „Shouts of joy“ bringt wohl genau das auf den Punkt, was Steve Naghavi von seiner Hörerschaft erwartet und was sie von ihm erwarten. Bereits als der Track als Vorabsingle veröffentlicht wurde, war ich sehr positiv angetan von dem, was wohl auf dem Album folgen wird. Einen besseren Einstieg in ein Nach-Kriese-Album hätte es kaum geben können. Wobei es immer gefährlich erscheint, eine Platte mit einer aktuellen Single zu beginnen. Da kann auch schnell mal eine lange Leere folgen. Bei „Killing the mercy“ aber hat Naghavi endlich wieder zu seiner mystischen Dramaturgie zurück gefunden, die ich seit bald 20 Jahren vermisst habe. So I.S.T. AndOne zu einer meiner favorisierten Bands geworden. „Memory“ hat dann wieder zwei bis drei Anläufe gebraucht, um zu landen. Der erste Eindruck suggerierte mir eine banale Electropopnummer ohne wirklichen Wiedererkennungswert. Mittlerweile kann ich mir den Track als eine potenzielle Single ganz gut vorstellen. Da AndOne selten in all den Jahren die besten Tracks eines Albums als Single verheizt haben, schein „Memory“ als sehr geeignet.

Äußerst Überrascht bin ich von „Aigua“. Einem ruhigen Zwischentrack, der weder von Steve Naghavi noch von dem Wiedergekehrten Joke Jay gesungen wird. Eine zarte Frauenstimme haucht in mein Ohr und lässt mich fast dahin schlummern bevor ich wohl zu einem absoluten Highlight in der Diskografie von AndOne komme. „S.T.O.P. the sun“ ist das wohl poppigste, eingängigste Stück, welches bisher von AndOne veröffentlicht wurde. Die Vocals teilen sich Steve und Joke. Die Bassline und Synthis waren wohl selten so satt prodoziert wie in diesem Track. Sollten AndOne je kommerziell gewesen sein, dann spätestens jetzt. Wobei der Track sich nicht der Masse anbiedert. Natürlich sind hier neben Pet Shop Boys-Bubblegummelodien auch andere Register gezogen. So mundet der Track für mich in einem fast schon New Orderischem Finale.

Fast schon aussätzig kommt da schon das eigentlich eingängige „Back home“ rüber. Ich kann mir nicht helfen aber irgendwas müssen AndOne im Gegensatz zur Singleversion verändert haben. Der Track ist nicht mehr so fett und ein wirkt ein wenig kraftlos im Gegensatz zu den andren Tracks auf S.T.O.P.

Aber das ist nicht das Ende der Platte. Das findet sich in zwei der anspruchsvollsten Tracks die Naghavi wohl je veröffentlicht hat. Dabei möchte ich nicht wissen, was dem Mann durch Kopf und Hose gegangen ist, dass er es tatsächlich geschafft hat, mit Douglas McCarthy von Nitzer Ebb arbeiten zu dürfen. Sagen die einen, „The end of our life“ hört sich wie von Nitzer Ebb’s letzem Album übrig geblieben an, sagen die anderen, man versucht ein wenig Recoil inspirierte Musik zu machen. Der Track ist äußert genial und ich kann nicht sagen, was zuerst da war. Der Track oder die Stimme. „No words“ unterstreicht wieder einmal für mich, dass Steve Naghavi ein Gespür für sehr interessante Melodien hat. Mag es an der neuen Besetzung liegen, die in anspornt solche Tracks zu schreiben oder seine mentale Verfassung. Vielleicht sollte er sich verstärkt auch mit Filmmusik beschäftigen. Schon immer waren seine instrumentalen Intermezzo sehr gefühlsbeladen oder geheimnisvoll.

„No words“ entlässt den Hörer aus einem elitären Album in der Geschichte von AndOne. Langfristig lassen sie sich die wichtigsten AndOne-Alben an einer Hand abzählen: SPOT (1993), I.S.T. (1994), Bodypop (2006) und definitiv S.T.O.P.

Steve Naghavi hat sehr gut daran getan, sich nicht mit dem Teufel, in diesem Fall einem Majorvertrag, einzulassen. S.T.O.P. wäre nicht die Kost, die die breite Masse hören wollen würde und wäre mit Sicherheit auf Grund von Eingriffen seitens der Radioproduzenten zu banalem Weichspülpop verkommen. Und das wäre in diesem Falle äußerst Schade gewesen.

Der geneigte Fan greift natürlich, wenn sich die Gelegenheit bietet, extra zu und schnappt sich die S.T.O.P. mit der Bonus-e.p. „Triebwerk“ aus dem Regal. Hier haben AndOne dann auch mal wieder die härtere Gangart eingeschlagen. Hartfloor EBM bei „Get it“ mit einem Duett von Douglas McCarthy und Steve Naghavi lässt die Herzen schneller pumpen und die Boxen dröhnen. Harte Kost für den Tanzboden, wobei AndOne hier nicht einfach nur rum ballern. Das ist einer von diesen Tracks, wo ich schon fast enttäuscht bin, wenn ich nach vier Minuten von der Tanzfläche gespült werde. H.A.T.E. ist jetzt nicht der schnelle Burner. Durch die treibende Bassline und dem dramatischen Chorus aber Aushängeschild für die neuen AndOne. Tja und was soll man da noch sagen „What you gonna do with the one and one?“. Irgendwann muss Naghavi ja mal auf die turbulenten Zeiten kommen. Besser als der banale Ausruf „We alive“ kann man die S.T.O.P. zusammen mit der Triebwerk e.p. nicht beschreiben. Der Leckgeschlagene Dampfer ist aus dem Dock und auf volle Fahrt gegangen. Da fällt schon fast ein weiteres Highlight des Albums hinten über nach dem ganzen Paket geht „Low“ mit den Vocals von Eskil Simmonsson (Covenant). Der Track ähnelt mehr Covenant als AndOne und lässt die Frage offen, wer bei dem Track die Fäden in der Hand hält.

S.T.O.P. wäre mit Sicherheit ohne die Erfahrungen der letzten Monate nicht zu dem Ergebnis gekommen, welches jetzt vorliegt. Die Frischzellenkur hat dem Projekt AndOne mehr als gut getan. Für mich klingt das Album so, als wenn Steve Naghavi das Album nicht mehr im Alleingang bestimmt hat, wie von ihm bei den letzten Alben beschrieben, sondern dass er sich endlich mal wieder auf andere Meinungen eingelassen hat und diese auch umgesetzt hat. So ist doch jetzt alles gut und wir freuen uns auf die kommende Tour im Herbst 2012 auf der es jetzt zu beweisen gilt, die neuen AndOne auch live umzusetzen.

01.06.2012: Oomph! - Des Wahnsinns fette Beute

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Bang! Da sind sie wieder. Die bösen Jungs der „neuen deutschen Härte“ treten wieder an. Nachdem der „Eckstein“ wieder alles versteckt hat und die große Zeit der Hitmaschine Oomph! Wieder ein wenig gedrosselt wurde, haben sich Dero, Flux und Crap endlich wieder auf das konzentriert, was sie machen können. Und selten waren sie besser. Schon die erste Single „Zwei Schritte vor“ zeigt wieder, dass Oomph! Es aber nicht verlernt haben, subtile Texte in harte Riffs zu verpacken. Das harte Grundriff treibt den Track an und man verlangt nach mehr.

Doch „Des Wahnsinns fette Beute“ besticht nicht nur durch harte Riffs. Natürlich grasen Oomph! Wieder an vielen Ufern und thematisieren nicht nur den einfachen wilden Sex sondern bewegen sich auch fast schon Gefühlvoll bei „Bis der Spiegel zerbricht“. Mehrmals hinhören musste ich dann allerdings bei „Bonobo“. Hier sollte sich der interessierte mal damit beschäftigen, was Bonobos sind. Bonobos sind Affen, die ein sehr ausgeprägtes Sexualverhalten haben. Daher dann also auch das Interesse der Jungs von Oomph! Denn dass sich Oomph! gerne mit dem Thema Sex und allen Begleiterscheinungen beschäftigen, ist nicht erst bei „Bonobo“ oder „Deine Eltern“ bekannt.

Sehr interessant ist die die Neuinterpretation des Achtziger-Klassikers „Smalltown Boy“ von Bronski Beat. In der deutschen Version mit verändertem Text, nehmen Oomph! das Thema nicht einfach auf die Schippe. Egal ob Gangsterboss, Rocker oder doch vielleicht der Fussballtorwart, der seine Neigungen versucht zu verstecken. Alle bekommen sie ihr Fett ab, sollen aber mit Sicherheit nicht verurteilt werden sondern eher animiert werden, zu ihren Neigungen zu stehen.

Aber egal ob „Regen“ oder „Kosmonaut“. Oomph! verfallen nicht der Liebesduselei. Auch wenn ich ab und zu etwas irritiert von den Texten bin, klingt es immer noch wie Oomph!. Und wo wir gerade bei den Texten sind. Auf „Des Wahnsinns fette Beute“ verzichten Oomph! komplett auf englische Texte. Es klingt meist doch ehrlicher, in seiner Muttersprache zu singen.

Die Platte wird alle Gemüter beruhigen, die mit der kommerziellen Ausrichtung der letzten Alben so ihre Probleme hatten. Nicht so voll gepackt mit Technik, nicht so sehr textlich auf Ohrwurm ausgerichtet haben Oomph! für mich eines der ehrlichsten Alben seit „Plastik“ (1999) geschaffen und haben auch mich zurück gewonnen.


Oomph! -- Zwei Schritte vor - MyVideo

01.06.2012: Peter Heppner - My Heart Of Stone

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Was erwartet man von einem Album mit der Stimme von Peter Heppner? Zu markant ist die Stimme, als man sie nicht automatisch mit früheren Werken assoziiert. Es ist wohl völlig egal, was Heppner macht. Solange er nicht mit Nena oder Schiller zusammen arbeitet, wird er den „Wolfsheim“-Stempel nicht ablegen.

„My Heart Of Stone“ macht im Grunde genau da weiter, wo „Solo“ (2008) aufhört und geht noch einen Schritt weiter. „Give us what we need“ ist genau das, was mein geistiges Ohr als klassischen Wolfsheim-Track hören möchte. Die sonore Stimme fesselt mit den ersten Tönen und ich frage mich, warum es eigentlich die besagte Band nicht mehr gibt. Deutlicher wird Heppner mit der ersten Single „Meine Welt“. Oberflächlich naive deutsche Wortspielerei, die aus einem Kindermund kommen könnte. So erklärt sich dann auch gleich der „Kid-Edit“ wo sich Peter Heppner Kinder ins Studio einlud, um den Text gemeinsam einzusingen. Schade, dass „Meine Welt“ nicht so den Airplayeinsatz in Deutschland findet, den es verdient hätte.

Während Peter Heppner sonst als Gastsänger bei anderen Projekten tätig war, hat er sich diesmal den Luxus gegönnt, und seinerseits sich einen Gast eingeladen. Das Duett „Deserve to be alone“ mit Kim Sanders klingt traurig, resigniert und verzweifelt. Aber auch wenn man es von Peter Heppner erwartet, ist „My Heart Of Stone“ nicht depressiv oder traurig. Die Erfahrungen durch verschiedene Kollaborationen mit anderen Künstlern haben bei der Platte ihre Früchte getragen. Egal ob Kraftwerkeinflüsse (God smoked) oder simple Popmusik wie bei „Cry tonight“ macht Heppner zu seinem eigenen Stil. Egal ob es nun deutsche Texte sind oder in englischer Sprache. Peter Heppner setzt auch die Worte wie Instrumente ein. Einzig bei „Alles klar! – Lied für Wettkämpfe“ wirkt im Chorus etwas gekünstelt. Heppner kann eben doch eher von der tristen traurigen Welt als die Begeisterung in einem Wettkampf anzufachen.

Mit „Heat Of Stone“ hat Peter Heppner einen weiteren Schritt getan, sich als Solokünstler zu etablieren. Auch wenn der Mantel der Vergangenheit wohl ewig auf seinen Schultern lastet. Aber vielleicht wollen wir das ja auch…


Heppner -- Meine Welt - MyVideo

15.05.2012: Soulsavers & Dave Gahan - The Light The Dead See

 

Was würde Martin Gore wohl ohne seinen Frontmann machen? Spätestens jetzt muss jeder erkennen, dass Dave Gahan weitaus mehr als nur eine kleine Tanzmaus ist, die mit dem Arsch wackelt zu den Kompositionen Gore’s. Zwei Soloalben abseits von Depeche Mode hat es gebraucht, bis Dave Gahan zu seiner vollen Reife geschafft hat. Liegt es an der Zusammenarbeit mit den Soulsavers oder einfach, dass die Zeit reif ist. Was war zuerst, die Musik oder das Wort?

Bei „The Light The Dead See“ findet einfach alles zusammen und auch wieder nicht. Für mich stellt sich die Frage, braucht Gahan Depeche Mode oder braucht Depeche Mode mehr Gahan? Dave Gahan quält sich und durchleidet in den 12 Tracks nochmals seine Höhen und Tiefen eines Rockstars, der eigentlich nichts anderes sucht als den inneren Frieden.

Besser als mit dem kurzen Intro „La Ribera“ bei dem Dave seine Mundharmonika spielt und gefolgt von dem fast schon befreienden „In the morning“ kann eine Platte nicht einsteigen. Sofort erkennt man die Stimme und erkennt doch, dass man es hier nicht einfach mit einer neuen Gahan-Platte zu tun hat. „Why can’t you hear me, why don’t you heal me? I’m lost…“ Gahan fleht um Erlösung und erlebt sie in „Longest day“ welchs mir weiten aufzeigt, die ich persönlich bei Depeche Mode selten in den letzten Jahren erlebt habe. Geprägt durch seine Krebserkrankung gibt sich Dave Gahan geläutert und erkennt seine Nähe zu Gott und erbittet um Erlösung. Der Rockmessias der neunziger Jahre hat endlich nach hause gefunden und wird mindestens von mir mit offenen armen empfangen. Mal brüllt er seine Emotionen in „Presensce of god“ heraus, mal klingt er verletzlicher als ein kleines Kind.

Einen Edelstein unter Diamanten raus zu picken wird bei „The Light The Dead See“ schon sehr schwer. In diesem Zusammenhang würde mir am ehesten „Take me back home“ einfallen. Ich weiß nicht, wen Dave da ansingt, aber er macht es mit hingabe und ich fühle mich animiert, mir meinen persönlichen Reim darauf zu machen.

Für Dave Gahan muss es ein musikalischer Segen sein, auf Rich Machin und Ian Glover getroffen zu sein. Wie schon bei seinen ersten Gehversuchen mit Knox Chandler haben es Ritch und Ian verstanden, Dave’s Worte in Melodien zu betten sodass ich mir schon jetzt eine weitere Platte mit Dave Gahan und den Soulsavers wünsche.

15.05.2012: PAKT - Berlin

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Da sind sie ja nun endlich. Die abtrünnigen AndOne-Marionetten Gio van Oli und Chris Ruiz. Dank der guten PR seitens Steve Naghavis wurden die Erwartungen für das erste Album von PAKT künstlich hochgeschraubt. Aber wer sollte sich dafür interessieren, welche Streitigkeiten zwischen Naghavi, Ruiz und van Oli wirklich stattfinden interessiert spätestens beim ersten Durchlauf von „Berlin“ nicht mehr wirklich.

Die erste Single „Freiheit“ schreit textlich noch danach, nach Parallelen zum AndOne zu suchen. Aber spätestens nach dem dritten Track „Burn Home Burn“ verdrengt man, dass es mal so war, das die beiden PAKT-Jungs vor einem Jahr noch in einer anderen Band agierten. Gekonnt bedienen sie sich an diversen Einflüssen von Front 242 bis Prodigy. Klanglich sauber produziertes Floorfutter.

Aber nicht einfach nur Gas geben bringt den gewünschten Erfolg. Das etwas schräge „Schwarz und Weiss“ erweist sich bereits beim ersten Durchlauf als Widerhaken in meinem Gehörgang. Ebenso ist es bei „Lichterloh“, einem potenziellen Singletrack der durch seinen eingängigen Chorus einen hohen Wiedererkennungswert hat.

„All reminds me“ ist einer von diesen Tracks, die man sich gerne immer mal wieder anhört, und die man nicht wirklich greifen kann. Der Chorus erinnert mich an gute alte Zeiten als es noch Bands wie Syntec gab. Lange ist es her, nicht vergessen, nur vermisst. Bitte mehr davon!

„Egoshooter“ ist dafür einer dieser Tracks, die ich gerne nicht mehr hören möchte. Der gute Chris fällt in alte „Fernsehapperat“-Zeiten, die mein Empfinden für Grammatik komplett in den Lokus jagt.

Selten hat man in den letzten Jahren eine so gefühlvolle Ballade wie „Liebespakt“ von einer Szeneband gehört. Besonders in diesem Track wird dann auch mit dem Gerücht aufgeräumt, Gio könnte keine zwei Töne sauber singen. Der schmale Grad zwischen Bombast und Schmalz wird nicht überschritten und bewirkt in mir einmal mehr ein erstauntes Gesicht. So einen Track hätte ich auf dieser Platte wohl am wenigsten erwartet.

Auch wenn das murren nicht nachlässt und viele Stimmen behaupten, dass „Berlin“ eine reine Produzentenplatte ist, an der Chris und Gio nicht wirklich viel beigetragen haben, legen sie doch die Messlatte für ihren ehemaligen musikalischen Wegbegleiter und das kommende Album fast schon unerreichbar hoch. Auch wenn man sich an diversen Einflüssen bedient, wird es bei „Berlin“ gekonnt gemacht. Nichts wirkt ideenlos kopiert und billig nachgespielt. So macht die Platte auch beim dritten oder vierten Durchlauf immer noch Spaß. Empfehlenswert!

26.04.2012: Motor - Man Made Machine

Es war ja höchste Zeit, dass Motor sich etwas einfallen lassen. Nach den ersten drei Alben, die durch hyperaktive Klänge und Beats und meist instrumentalen Tracks überzeugten, war nach „Metal Machine“ (2009) eher die Luft raus.

Nachdem dann die Ankündigung eines neuen Albums mit einigen Gastsängern wie Gary Numan, Douglas McCarthy und Martin L.Gore die Erwartungswelle extrem überschwappte, wurde das Album „Man Made Machine“ mit Vorschusslorbeeren nur so überschüttet. Und das zu Recht. Eingänge Beats, fette Basslines und teilweise an alte Originale erinnernde Songs lassen das Album in die High-Rotation gehen, ohne dass es langweilig wird.

So haben es Motor geschafft, Martin Gore einen Track auf den Leib zu schneidern, von dem mit Sicherheit viele sich gewünscht hätten, sowas von seiner Hauptband mal zu hören. Ein Ritterschlag, dass Gore sich die Zeit genommen hat. Aber nicht nur Gore hat das Glück. Auch andere Stars der düsteren Muse treten in den Gesangswettstreit. Kein geringerer als Gary Numan leiht „Pleasure in heaven“ seine Stimme. Wobei ich ihn erst nach mehrmaligen hören und lesen identifizieren konnte. Auch ohne das Wissen, dass es Gary Numan ist, avancierte der Track zu einem meiner Favoriten.

Zu durchschaubar ist für mich im Gegensatz zu Gary Numan dann doch eher „The Knife“ von Douglas McCarthy. Zu sehr angelehnt an Nitzer Ebb kann der Track sehr schnell auf die Nerven gehen. Dafür werde ich dann wieder mit den „reinen“ Motor-Tracks entschädigt. „Autonme“ bleibt mir gleich in den Gehörgängen hängen. Hätte ich jetzt nicht erwartet. „Autographic“ könnte im Entferntesten an frühe Electroclash-Zeiten erinnern.

Nicht unbedingt jedermanns Sache aber mit Sicherheit Futter für das verwöhnte Volk. Im Gegensatz zu den drei Vorgängern auch eine Platte mit erhöhter Haltwertzeit, wo es sich lohnen wird, sie später nochmals aus dem Regal zu ziehen.

26.04.2012: Timid Tiger - The Streets Are Black

Lange nichts gehört von Timid Tiger. Vor vielen Jahren habe ich die Jungs mal live gesehen im Rahmen ihrer Promotion zum ersten Album. Seitdem hatte ich die Jungs völlig aus den Augen verloren. Jetzt dreht sich bei mir das neue Album „The Streets Are Black“ und ich bin ein wenig verwirrt. Haben sie früher doch gutgelaunten Poprock gemacht, haben sie sich jetzt weit davon entfernt.

Electrotöne, Rapvocals und eine lässige Rapeinlage hier und da waren für mich doch im ersten Durchlauf nicht das, worauf ich mich freuen würde. So brauchte die Platte auch nicht  wenige Durchläufe bis ich mir ein Bild machen kann. Bereits der Titeltrack „Miracle “ hat sich mittlerweile zu einem meiner Alttagsfavoriten gemausert. „Hangin‘ in the sun“ könnte mit viel Glück bei mir zu einem Sommerhit avancieren. Das Gefühl, einen Sonntagmorgen irgendwo zu verbringen und alles entspannt zu sehen… Und wo wir gerade dabei sind, „Walking in the sand“ klingt schon fast fröhlich und unbeschwert, dass ich schon fast anfange, mit dem Fuss zu wippen.

Kann es sein, dass die Band sich so verändert hat? Es scheint so. Ab und an kommen noch mal wieder ansatzweise die alten Klänge durch. Das Album wird aber von einer eher durchgängigeren lässigen Stimmung durchflutet, die auch schnell mal langeweilen kann. Einzelne Tracks stechen dann aber auch wieder aus dem ganzen hervor, die dann auch länger im Ohr bleiben.

 

09.10.2011: M83 - Hurry up, we're dreaming

 

Okay, okay ich geb es ja zu. Eigentlich weiß ich so gut wie gar nichts über M83. Warum eigentlich nicht. Hab ich sie früher eigentlich eher mit avantgardistischem französischem Electrodance assoziiert, muss ich jetzt doch tatsächlich meine Meinung gewaltig überdenken. Meine vorgefertigte Meinung könnte allerdings auch mit einigen, sagen wir mal speziellen Remixen u.a. für Depeche Mode und anderen beruhen.

Jetzt dreht sich schon zum tausendsten Male das neue Album „Hurry up, we’re dreaming“ in meinem Player und ich entdecke immer wieder neue Seiten an der Platte. Denke ich erst an eine eher banale Popnummer wie „Midnight city“, werde ich langsam in eine Welt entführt, die süchtig macht. Eine Radionummer, die ich wohl leider nie im deutschen Mainstreamdschungel hören werde, da ein einzelner Track schon zu anspruchsvoll für banale Airplaysender sein wird.

Anfangs werde ich dann auch auf die falsche Fährte geführt. Und je weiter ich in die Platte eintauche, desto mehr öffnet sich eine der besten Platten des Jahres. Ruhige Balladen wie das wunderschöne „Wait“ oder dem bombastischen „Soon, my friend“ wechseln sich wiederum mit dem atmosphärischem „Raconte-moi une historire“ oder „Steve McQuees“ab und so durchlaufe ich einem musikalischem Wechselbad. Dabei verstehen es M83 sehr gekonnt, den Hörer nicht an überdimensional lange Tracks zu ketten sondern behalten sich das Recht vor, nach maximal viereinhalb Minuten zum nächsten Abenteuer aufzubrechen.

Das Wagnis einzugehen, ein Doppelalbum zu veröffentlichen deutet bei „Hurry up, we’re dreaming“ schon an, dass man sich Zeit nehmen sollte. Die Platte läuft nicht nebenbei, die übernimmt die Hauptrolle. Das ist keine einfache Popmusik, das ist kein Rock, kein Electro. „Hurry up, we’re dreaming“ definiert für mich am ehesten den Begriff „Weltmusik“.

28.09.2011: Erasure - Tomorrows World

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Als Erasure 1992 ihr Überalbum „Chorus“ veröffentlichen, hatte Vince Clarke die perfekte Einstellung seiner Sequenzer und Synthies gefunden. Das hat Vince und Andy Bell so gut gefallen, dass man seitdem fast alle Veröffentlichung in diesem Stil kreiert hat. Die Fans mögen es, das beweisen immer wieder die ausverkauften Konzerte. Einzig die Plattenverkäufe gehen seitdem stetig zurück. Was soll man also tun?

Den Paradiesvogel Andy Bell und den Denker und Tüftler Vince Clarke mal so richtig mit einem Freak zusammen bringen und das ganze durch schütteln und mal sehen, was raus kommt. Das Ergebnis heißt „Tomorrows World“ und ist für mich die erste wirklich neue Platte von Erasure seit fast zwanzig Jahren. Produziert wurde die Platte ja bekanntlich von Vincent „Frankmusik“ Frank, der dem Album einen modernen Airplay-Schliff verpasst, ohne die typischen Erasure-Klänge komplett zu verdrängen.

Der Opener „Be with you“ geht mir sofort ins Ohr und verbreitet einfach gute Laune. Sowas möchte ich auch mal im Radio hören. Ein klassischer Erasure-Track, der sich sofort öffnet. Wobei mir allerdings auffällt, dass Andy an seinem Gesang gearbeitet hat. Wo nimmt dieser Mann diese Stimme her?

Hatte ich bei der Erasure Stipvisite im Sommer so meine Zweifel bei dem Track „You’ve got to save me right now“ geht mir dieser, wohl sperrigste Track des Albums sofort ins Ohr. Eigentlich kein ungewöhnlicher Track aber in dem neuen Erasure-Gewand etwas rotzig aber gut. Da kam dann wohl die Experimentierfreudigkeit von Vince durch.

Was mir besonders auffällt ist, dass „Tomorrows World“ wohl wirklich das erste Dance-Album von Erasure ist. Am besten merkt man das bei „I lose myself“, dem heimlichen Höhepunkt der Platte. Treibende Discobassline, harte Beats und Andys Stimme macht ein richtiges Brett aus dem Track. Aufdrehen und wegblasen lassen!

Gibt es denn gar nichts auszusetzen? Doch, mit Sicherheit. Leider haben es Erasure „nur“ auf neun Tracks gebracht und ich verspüre beim letzten Track „Just when i thught it was ending“ einen Hauch von Wehmut. Besser kann eine Platte kaum zum Schluss kommen. Keine Fülltitel, keine überlangen Spielereien, keine Balladen. Ups, da ist es dann doch passiert. Ich mag die Stimme von Andy Bell, besonders wenn er ruhige Stücke wie „How many times“ oder „Spiraling“ singt. Das ist es, was ich vermisse. Aber wer weiß, vielleicht hätte man ein ruhiges Stück als störend empfunden, wenn man so eine Ansammlung von guten Dancetracks vorfindet. Dank „Frankmusik“ haben Erasure bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören, sondern dass man auch weiter mit ihnen rechnen sollte, denn sie waren bisher nur ganz selten besser.

VÖ:30.09.2011 Mute/Goodtogo

28.08.2011: Solar Fake - Frontiers

 

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Solar Fake sind leider immer noch nicht der breiteren Masse ein Begriff. Zumindest, wenn man nicht vielleicht schon mal was von Zeraphine gehört hat. Solar Fake ist das Soloproject von Zeraphine-Frontmann Sven Friedrich. Stilistisch haben beide Projekte nur indirekt etwas gemeinsam neben der Stimme von Sven Friedrich. Während Zeraphine eher Dark-Rock spielen, ist Solar Fake ganz klar ausgegliedert und gilt als reines Electroproject. Wer genau hinhört, erkennt in den einzelnen Songs schon Ähnlichkeiten zwischen den Projekten. Dennoch wird doch ein unterschiedliches Publikum angesprochen.

Bereits 2008 veröffentlichte Solar Fake das erste Album „Broken Grid“ mit der sehr eingängigen Singe „Hiding Memories From The Sun“. Jetzt liegt das zweite Album „Frontiers“ vor, wo sich Sven Friedrich mehr aus dem Fenster lehnt und das ganze Album komplexer und geschlossener erscheinen lässt.

Bereits der Opener „Under The Skies“ ist eine eingängige Melancholische Einstiegsdroge wo man auch gleich durch die tiefe sonore Stimme Friedrichs gefangen wird. Der Mann leidet so schön, dass man ihm schnell mal ein Glas Rotwein und ein Taschentuch reichen möchte. „No Apologies“ reißt den Hörer dann aus dem Sessel und lädt mit seinem stampfenden Beat zum tanzen ein. Ein besonderer Hinhörer ist „More than this“. Der Track brennt sich in meine Hörmuschel und avanciert in meiner persönlichen Hitliste zum Tophit. „Parasites“ überrascht mich gewaltig, klingt es doch eher aggressiv. Ich fühle mich stark an die Jungs von [:SITD:] erinnert. So muss es klingen, wenn man die Tanzfläche bombardieren will.

Natürlich darf auch eine Coverversion nicht fehlen. Aber da kann man viel falsch machen und beim Blick auf die Trackliste befürchte ich schon schlimmes, als ich einen Track namens „Such a shame“ finde. Und richtig, es handelt sich ums den Talk Talk-Klassiker der 80er und Solar Fake bewegen sich auf dünnem Eis. Mehr als ein „unterhaltsam“ kann ich dann leider dem Track auch nicht abgewinnen. Es gibt halt Stücke, die können einfach nicht gecovert werden und mit Talk Talk ist es meines Wissens noch keiner band gelungen, was Gutes zu vollbringen.

Insgesamt haben Solar Fake es aber geschafft ein gutes Album zum falschen Zeitpunkt zu veröffentlichen. Gerade bei „Frontiers“ zeigt es sich wieder, dass es nicht gut ist, mitten im Sommer so ein Album zu veröffentlichen. Schnell landet so eine Platte auf dem Haufen, den keiner im Sommer hören will und das ist in diesem Falle sehr schade und wirkt sich hoffentlich nicht negativ auf den Erfolg des Albums aus. Denn Erfolg ist das, was es verdient hat. Sven Friedrich setzt sich von Zeraphine ab und macht Lust auf mehr musikalischem Output.

28.08.2011: Project Pitchfork - Quantum Mechanics

 

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Es kann mit Sicherheit keiner behaupten, Project Pitchfork würden Musik für ein breites Publikum machen. Vom Indieact zum Mainstream und zurück. So oder ähnlich kann man die Karriere von Peter Spilles und Dirk Scheuber am treffendsten beschreiben.

Jetzt legen Pitchfork mit „Quantum Mechanics“ ein neues komplexes Werk vor, was mich nach vielen Jahren auch mal wieder begeistern kann. Selten habe ich in den letzten Jahren ein für Pitchfork-Verhältnisse eingängiges Album gehört. Das liegt mit Sicherheit auch an der Vorabsingle „Lament“, die mir Tür und Tor geöffnet hat. Natürlich klingt es wie immer aber auch nicht. „Lament“ animiert mich zum hinhören und lauter machen. Kein Soundtrack für leicht gestrickte und ein Hauch von Retro schwingt in den Klängen mit und man fühlt sich an die großen Zeiten von „Eon:Eon“ zurück erinnert, als Project Pitchfork durchs Musikfernsehen geisterten und sich der breiten Viva-Masse öffnen sollten. Dabei ist „Lament“ kein leichter Song und der durch Spilles‘ durch den Verzerrer gejagter Gesang kaum eine Melodie erkennen lässt. Seltsamerweise kommt aber bei den fast 8Minuten keine Langeweile auf; vielmehr bin ich enttäuscht, dass es schon vorbei ist.

„Run for Cover“ ist dann doch tatsächlich das, was ich bei Pitchfork als Floorfiller bezeichnen würde. Ich bin entzückt, dass die Beine nur so wippen wollen. Lauter muss es sein, auch wenn die Kinder in der Nachbarschaft es mit der Angst bekommen. Spilles und Scheubi schütteln sich gewaltig en Staub von den Schultern, dass es nur so kracht. „Radical Burns“ klingt schon fast ein wenig zu weltoffen und poppig. Würde Peter Spilles nicht den Weltuntergang prophezeien oder so ähnlich, könnte es fast schon als Szeneohrwurm durchgehen. Zum ersten Mal bin ich aber ein wenig genervt, dass bei Track Vier in gleicher Manier wie bei den vorhergehenden Tracks Spilles‘ Stimme zu sehr verzerrt ist. Eigentlich will man doch so von Defiziten ablenken und das hat er ja wohl kaum nötig.

„Quantum Mechanics“, das Titelstück des Albums nimmt erstmals das Tempo aus dem Album und ruft eine schwermütige  Stimmung hervor und baut sich dadurch zu einem grandiosen Mittelpunkt des Albums auf. Fast schon majestätisch schreitet Spilles durch seine dunklen Landschaften, die er mit großen Gesten unterstreicht.

Project Pichfork haben sich mit „Quantum Mechanics“ nicht neu erfunden. Sie sind wieder Mal einen Schritt weiter gegangen und ritzen sich eine weitere Kerbe in den Bettpfosten der eine Reihe von genialen Alben markiert. Sie kreieren eine Dark-Wave-Electro-Oper, welche die Messlatte für ihre Weggefährten wieder ein Stück höher legen wird und nur sie selber werden es schaffen, diese Messlatte zu überbieten.

03.07.2011: She Wants Revenge - Valleyheart

 

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Es gibt Platten, die sind einfach da. Plötzlich, ohne Vorwarnung und ohne großes Theater drum herum. So können schnell mal interessante Platten an einem vorbei gehen oder man hält kleine Schätze in den Händen. Die Kehrseite kann dann aber auch wieder sein, dass wenn zu viel Wind um eine Platte gemacht wird, die Erwartungen zu hoch sind und das böse erwachen schon beim ersten Durchlauf kommt.

Für mich überraschend stand mit einem Mal „Valleyheart“, das neue Album von She Wants Revenge in den Regalen. Meiner Meinung nach eine der zu unterschätzten Bands in Europa. 2005 von Justin Warfield und Adam Bravin gegründet, legten sie 2006 ein fulminantes Debut mit dem gleichnamigen Album hin. Hits „Tear you apart“ und „These things“ machten sie auch bei uns bekannt. Zu schnell folgte 2007 schon die zweite Platte „This is forever“. Nicht so erfolgreich wie das Debut und auch klanglich eher eine Kopie vom Vorgänger.

Auch bei „Valleyheart“ können She Wants Revenge nicht aus ihrer Haut. Eine musikalische Anlehnung an Bands wie Joy Division oder auch an Depeche Mode ist nicht zu leugnen. Dennoch klingt das Album wieder frischer und eingängiger. Schon der Opener „Take the World“ brennt sich durch seine Mischung aus Beats, Gitarre und der Stimme von Justin in meine Ohren und rutscht in meine Favoritenliste in meinem iPod. Das She Wants Revenge aber nicht nur düster klingen zeigt sich gleich bei „Kiss me“. Fast schon poppige Ansätze, die nicht aufdringlich wirken und eine hohe Haltwertzeit versprechen. „Must be the one“ als Vorabsingle auszuwählen, ist eine sehr gute Wahl gewesen. Nicht unbedingt das kommerziellste Stück auf dem Album, dafür aber sehr aussagekräftig.

Haben She Wants Revenge aber jetzt neu erfunden? Nein, aber das müssen sie auch nicht. Tracks wie „Reasons“ oder „Little Stars“ oder auch „Suck it up“ überstehen nicht nur in der Gesamtheit des Albums sondern sind auch als einzelne Tracks herausragend. Vielleicht schaffen es She Wants Revenge mit „Valleyheart“ nun auch endlich, auch in Europa eine breitere Masse anzusprechen. Zu Gönnen wäre es ihnen. Leider ist bisher nichts über eine anstehende Tour bekannt. In den USA haben sich She Wants Revenge aber bereits ein großes Publikum erspielt. Und das nicht nur durch die erfolgreichen Tourneen mit Placebo und Depeche Mode.

01.06.2011: Depeche Mode - Remixes 2: 81-11

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Über die Rolle von Depeche Mode im Bezug aufs remixen ist ebenso viel verloren wie über Marias Jungfräulichkeit. Die Urväter des Mixens haben sich also aufgetan und zum zweiten Schlag ausgeholt, was das aus der Schublade kramen angeht. Mit „Remixes2:81-11“ liegt hier wieder eine randvolle Compilation mit alten und neuen Mixen altbekannter DM-Singles, B-Seiten und Albumtracks vor. Also alles wie 2004, als die erste Compilation erschien? Nein dieses Mal konnten die Macher nicht auf Nummer Sicher gehen, wurden doch mit dem ersten Streich die Hits ab gefrühstückt. Und genau das macht dann doch wieder die neue Compi aus. Man traut sich was.

Neben weiteren „alten“ Mixen, wie z.B. dem etwas schrägen „Death Mix “ von „Fly on the windscreen“ oder auch dem „United Mix“ von „Barrel of a gun“, gibt es viele gute und sehr gute neue Mixe auf die Ohren. Allen voran stehen natürlich die Mixe der ehemaligen DM-Mitglieder Vince Clarke (Behind the wheel) und Alan Wilder (In chains). In beiden Fällen ist man überrascht von den Ergebnissen. Unlängst bekannt ist das Faible von Vince Clarke für Dancetracks. Dementsprechend hat er dem 1987er „Behind the wheel“ einen treibenden Beat und eine neue Bassline verpasst und den Track auf die 2011 Dancefloors transferiert. Nicht nur durch die Arbeit Clarke’s ein Highlight auf dem Album. Schon eher absehbar war dagegen Alan Wilders Version von „In chains“. An einigen Stellen klingt der Mix ein wenig zu kalkulierbar. Ich mag die Arbeiten von Wilder als Recoil und auch als Remixer. Leider fehlen ab und zu aber die innovativen Wagnisse, die man Alan Wilder immer wieder nachsagt. Weggebomt werde ich dafür vom „Joebot Presents „Radio Face Mix““ von „A question of time“. Der Mix aus Breakbeats und Midtempo klingt treibend und fast schon befreiend, wenn in der zweiten Hälfte das Tempo angezogen wird.  In der Art hätte ich persönlich mit einem Mix eines der größten Livetracks von DM nicht gerechnet. Ein weiterer Schnapper ist ohne Zweifel der „Karlsson  & Winnberg Mix“ von „Tora Tora Tora!“. Mit Sicherheit keine leichte Aufgabe einen Mix zu so einem Track anzufertigen. Mit Bravour gemeistert. Mehr als Gelungen ist auch der „Sie Medway-Smith Mix“ von „Personal Jesus“. Ich mag die Mixe, wo zumindest ansatzweise noch Sequenzen des Originals vorhanden sind. Hier wird Martin Gore’s Gitarre mit neuer Bassline und Drums zusammen gefügt, sich aber nicht am Original zu sehr orientiert. Mit Verlaub gesagt eine gelungenere Arbeit als der zur Single auserkorene „Stargate Mix“.

Das für mich überraschende an der „Remix 2“ ist, dass im Gegensatz zur „Remixes 81..04“ nicht die neuen Mixe als Füllmaterial wirken, sondern diesmal der Spieß umgedreht wurde. Diese Compilation hätte auch gut auf die „alten“ Mixe verzichten können. Aber dann wäre sie vom Konzept der ersten Auflage abgewichen. Also greift man auch dieses Mal nicht falsch ins CD-Regal, da sich alle Mixe fast ausnahmslos zum tanzen eignen und nicht zu experimentell wirken. Sollten Depeche Mode selbst die Mixe ausgesucht haben, so haben die Herren ganze Arbeit gemacht und vielleicht auch ein paar Ideen wieder gefunden, die bei neuen Studioarbeiten positiv einwirken werden.

 

02.04.2011: The Kills - Blood Pressures

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In der heutigen Zeit nochmal eine Platte zu finden, die nicht nur unterhaltsam ist, sondern durch ihre Ecken und Kanten im Gedächtnis zu behalten ist gar nicht so einfach. Da kommt mit „Blood Pressures“ von The Kills die nötige Dosis an Rotzigkeit um dem Einheitsbrei zu entfliehen.

Bereits der Opener „Future Starts Slow“ hat das Potenzial, ein Ohrwurm für den kommenden Sommer zu werden. Wiederkehrende Riffs und dank der Zuarbeit von James Hince und Tom Elmhirst (Mischung) eine Rohheit die sich auch durch die folgenden Tracks weiterführt. Zusammen mit der Stimme von Alison Mosshart klingt das Album nicht nach durchgestyltem Rock sondern hat den Charme eines richtig guten Demotapes. Dieses wird nicht nur durch die grandiose Vorabsingle „Satellite“ unterstrichen. Weiterer Hinhörer ist das geniale „Nail In My Coffin“, welches besonders in erhörter Lautstärke hingerotzt wird, das es kracht. Stellenweise sind Parallelen zu den White Stripes nicht von der Hand zu weisen was man hier durchaus als Kompliment sehen soll.

Die Gradwanderung zwischen Rock, Blues und Country klingt stellenweise sehr gewagt, aber nicht gekünstelt. „The Last Goodbye“ ist so ein Stück, dass mich zweimal hinhören lässt. Das Cowgirl reitet auf seinem Pony dem Sonnenuntergang entgegen. Nicht kitschig sondern ehrlich leht man sich zurück und hat dieses Bild im Kopf. Do bevor man sich den Träumen hingibt, wird man dann doch mit „Damned If She Do“ in die Realität zurück geholt.

Live sind The Kills bisher nur für drei Termine gebucht. Aber sollten sie noch weitere Termine nach schieben, sollte man sich spätestens nach „Blood Pressures“ auch live beeindrucken lassen.

16.03.2011: The Human League - Credo

Das sind sie ja wieder! Zehn Jahre nach dem letzten Album „Secrets“ melden sie The Human League endlich mit neuem Material zurück. „Credo“ heisst das neue Album und lässt mich doch entzücken. Nachdem die Band in den letzten Jahren sich von Eighties-Festival zu Eighties-Festival gerettet hat und dazwischen immer wieder auf Tour im Vereinigten Königreich auf Tour war, hatte ich die Hoffnung auf ein neues Album schon fast begraben.

Aber was habe ich von „Credo“ erwartet? Da das 80er-Revival derzeit dank neuer Platten von OMD, Duran Duran u.a. ja voll im Gange zu sein scheint, war ich schon darauf eingerichtet, dass es in die Richtung gehen könnte. Und bereits die digitale Vorabsingle „Night People“ hat mich nicht überrascht. Ok, die Auswahl war meiner Meinung nach etwas gewagt, ist ein kommerzieller Erfolg nicht zu erwarten. Dazu ist „Night Peolple“ zu sperrig und mit seinen Pausen auch etwas strange. Nach mehrmaligem hören finde ich aber immer mehr gefallen an dem Track. Besonders durch das lange Finale mit Discoflair.

„Sky“ ist ein klassischer League-Song. Da hört man die Vorliebe von Phil Oakey  für aufbauende Refrains. Der Track hätte schon auf so vielen Alben veröffentlicht werden können. Es gibt halt immer wieder Tracks, an denen man einen Songschreiber erkennt. Und, ups, da ist ja schon er nächste Track Track „Into the night“ wenn man es gar nicht merkt, dann muss es wohl gute Unterhaltung sein.

Musikalisch besticht „Credo“ durch seinen Retro-Sound, der aber nicht gekünstelt wirkt. Human League müssen die Originale nicht kopieren, sie sind es. „Credo“ ist ein zeitloses Comeback und reit sich ohne anzuecken in die Retrosounds anderer Acts wie FRANKMUSIK oder LaRoux ein. Dadurch klingt es nicht altbacken sondern frischer als ich erwartet hatte.

Anspieltipp: „Never let me go“, “Night People”, “Egomaniacs”

16.03.2011: Blitzmaschine - Faustrecht

Zurücklehnen und Entspannen – nein, das kann jetzt nicht angesagt sein. Dreht sich jetzt doch gerade mit „Faustrecht“ das Debutalbum  von BLITZMASCHINE. Dieses sind der ehemalige Collapsed System-Shouter Holger und sein Partner Matze. Kennengelernt haben sich die beiden Mal nicht wie viele andere Bands in irgendeinem Club sondern ganz unlike auf dem Finanzparkett. Nachdem dort nichts mehr zu holen war, besann sich Holger auf die Musik und gründete mit Matze BLITZMASCHINE.

Mit „Faustrecht“ gibt es nach eigener Aussage „EBM für die Mittelschicht“. Und da wird nicht untertrieben. Das Album wird dominiert von harten Beats und harten Basslines. Selten hat eine Platte so unverblümt mit den Old-School-EBM kokettiert. Der Opener „Swallow me“ könnte so ziemlich von jedem Frühwerk von Nitzer Ebb entsprungen sein. Was man in diesem Falle als Kompliment durchgehen lassen kann. Erwähnenswert für mich ist z.B. auch „Am i right“. Nicht einfach nur ein weiterer Track nach 08/15-Muster. EBM kann auch abwechslungsreich sein.

Bei „Blondes Mädchen“ muss ich zwangsläufig erweise and die Urgroßväter des EBM, DAF denken. Der Gesang von Holger und die Basslines haben für mich schon fast zu viel Ähnlichkeit mit Gabi Delgado und Robert Görl.

Auf der einen Seite ziehe ich den Hut vor der konsequenten Stilverfolgung, beginne mich aber auch zu langweilen. Zu eintönig wirkt das Album, wenn es in einem Stück durchläuft. Jeder einzelne der 14 Tracks lädt zum tanzen ein, bietet am Stück aber auch eine Überdosis EBM, die nach mehr Abwechslung lechzt.

08.03.2011: AndOne - Tanzomat

 

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Naja, da ist sie also endlich. Die neue, lange angekündigte, verschobene und dann doch noch fertig gewordene Song-Compilation von AndOne. „Tanzomat“ getauft, erwarte ich nach allen Vorankündigungen ein Hammeralbum. „Old School EBM meets Bodypop“ soll die Devise sein. Mmhh, aber warum bin ich dann schon bei der Vorabsingle „Zerstörer“ schon nicht vor Freude spitzend durch die Bude gesprungen? Das soll sich doch hoffentlich jetzt ändern.

Schon der Opener lässt die Euphorie in den Keller sinken. „Save the hate“ besticht durch eine Bassline, die ich bei AndOne in den letzten 15 Jahren schon tausend Mal gehört habe. Die Vocals von Steve Naghavi sind gewöhnungsbedürftig. Nur der Refrain hat vielleicht Potenzial, irgendwo in den Gehörgängen zu bleiben. „Shining star“ überzeugt auch nicht durch musikalische Neuerungen. Die Geschwindigkeit ist zwar schon etwas tanzbarer aber zündet auch nicht. Einzig ist wieder der Refrain ganz nett und hat Wiedererkennungswert. Das scheint wohl die neue Kreativität von Steve Naghavi zu sein. Aber ein Refrain allein macht noch keinen Hit. Schon gar nicht, wenn man zum fünfhundertsten Male den Magix-Musicmaker in der AndOne-Edition startet. Langsam schreit es nach musikalischer Erneuerung.

„Dancing in the factory“ hat seine Basslinewurzeln entfernt bei DM’s „Just can’t get enough“ entliehen. Nicht wirklich neu, aber insgesamt bis jetzt unterhaltsamste auf dem Album. Und endlich mal wieder weibliche Vocals. Wie habe ich vermisst. Als Ponton zu Naghavis Bass-Stimme.

„The aim is in your head“ ist der Beweis, das Naghavi es aber auch noch kann. Schwermütige Bassline, Dramaturgie und mystische Atmosphäre. Er kann es doch. Warum wird diese Art von Kreativität nur zu selten abgerufen?  „Sex Drive“ mit auf das neue Album zu nehmen erscheint für mich als die logischste Wahl. Haben AndOne mit „Zerstörer“ die Hörerschaft doch mehr verstört als angesprochen.

Wie soll da Fazit denn nun ausfallen? Schwer, wirklich schwer zu sagen. Der eingefleischte AndOne-Fan wird seine Freude an „Tanzomat“ haben. Soviel steht fest. Das Ziel, neue Fans mit dem Album zu gewinnen, wird wohl weit verfehlt werden. Zu hoch ist die Messlatte mit „Bodypop“ (2006) gelegt worden. Da kann „Tanzomat“ nur verlieren. Und wer vier Jahre braucht, um „nur“ eine musikalische Fortsetzung eines Albums zu produzieren, kann keine Lobeshymnen verlangen. AndOne treten als Auslaufmodell an, die es leider nicht einmal mehr schaffen, auf der Bonus-Live-CD der „Limited Edition“ zu überzeugen. Die Tracks kommen ebenso leer und lustlos rüber, wie sie auch schon in den Konzerten im Herbst 2010 klangen.

Ich hoffe, dass Steve Naghavi das Ruder nochmal rumreißen wird und auch mal neue Wege geht. Sonst wird das langsame Sterben jetzt offiziell eingeläutet.

21.01.2011: Covenant - Modern Ruin

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Man hätte es ja fast nicht mehr glauben können, dass von den Herren von Covenant nochmal etwas Neues zu hören ist. Nachdem, was in der letzten Zeit so an Eskapaden nachzulesen war, erschien mir die Möglichkeit etwaiger Veröffentlichungen dann auch minimal. Da war die Überraschung über die „LIghtbringer e.p.“ im Oktober letzten Jahres doch schon groß, auch wenn der A-ha-Effekt ausblieb.

Jetzt legen Covenant mit „Modern Ruin“ nach fünf Jahren Pause ein neues Album vor, welches nach den ersten Ankündigungen bereits im Herbst 2009 hätte erscheinen sollen. Hat sich die Wartezeit gelohnt? Schwer zu sagen. Man kommt schnell auf den Punkt, dass Covenant sich musikalisch verändert haben. Einen großen Anteil daran hat mit Sicherheit die Rekrutierung von Daniel Myer (Haujobb, Destroid). „Modern Ruin“ beinhaltet so viel klangliche Raffinesse, die man von Myers Vorbands kennt. Die letzten EBM-Einflüsse, die noch auf „Skyshaper“ (2006) zu hören waren, sind Clubsounds gewichen. „Judge Of My Domain“ ist eine Gradwanderung und beinhaltet noch ein paar Atmosphärische Ausläufer des letzten Albums. „Dynamo Clock“ besticht durch harte Beats und Bassline. Ein Floorfüller, der aber leider ohne jeglichem Wiedererkennungswert ausklingt. Hörenswert ist dagegen schon eher „The Beauty And The Grace“. Etwas mystisch und geheimnisvoll mit einem für Covenant-Verhältnisse interessanten Gitarrenpart. Mein Highlight auf dem Album.

Ich nenne es mal Weiterentwicklung bei Covenant, wie sich Tracks wie „Wolrlds Collide“ und „The Night“ anhören. Sind Covenant schon immer auch für experimentelle Sounds bekannt gewesen, verlangen sie der Hörerschaft nun schon einiges ab. Und das wird mit Sicherheit an der Mitwirkung von Daniel Myer liegen. Ob alle Fans die Entwicklung mitgehen, bleibt abzuwarten.

Muss man „Modern Ruin“ denn jetzt mögen oder nicht? Wenn man keine 08/15-Platte erwartet, die sich an dem Erfolg der letzten Alben orientiert, sollte man das Album nicht missachten. Wer alten Smashern a la „Dead Stars“ nachweint, sollte sich die Anschaffung gut überlegen.

 

15.01.2011: F.O.D. - Maschinentanz

 

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Selten laufe ich so lange schwanger mit einem Album. Meist verliere ich den Mut und das Regal hat wieder mal Füllware erhalten. So ist es auch beinahe mit „Maschinentanz“, dem aktuellen Album von F.O.D. geschehen. Schon die zweifelhafte Playbackshow als Support von AndOne im Herbst 2010 hatte mich nicht wirklich positiv gestimmt.

Manchmal lohnt es sich aber auch, nach einer gewissen Pause ein Album wieder vor zu holen. Mittlerweile hat sich die Platte in meiner Gunst weiter nach oben gedreht. Schon der Opener „Dirty Pop“ geht mit treibenden Beat nach vorne. Zwar etwas zu sehr poppig aber doch wieder eingängig hat „Kreuzritter“ Airplaytaugliche Tendenzen. „Angels“ ist ein Hit! Mehr kann man nicht sagen. Eingängige Melodie, pumpende Beats und ein Ohrwurmrefrain den man so schnell nicht los wird. „I know“ überrascht mich u.a. durch den Gesang. Gesungen von Ex-Blutengel Eva Pölzing hat der Track ebenfalls Hitcharakter. Die Stimme von Eva kann man schon mit der von Plavka (ehem. Gastsängerin bei Jam & Spoon) verwechseln. Was man schon als positive Referenz anmerken kann.

Aber wenn ich anfangs so Zweifelhaft war, kann doch nicht alles toll sein, oder? Richtig! Es gibt in der deutschen EBM-/Electroszene nur zwei Bands, die mit dem deutschen Wort umgehen können. Zum einen AndOne und auf der anderen Seite fallen mir nur Melotron ein. So ausgeklüngelt die Sounds, Beats und Melodien auf „Maschinentanz“ auch sind, die deutschen Texte holpern durch die Boxen und klingen doch eher amateurhaft.

F.O.D. bilden eine neue Generation des EBM. Vielleicht ein wenig zu naiv und viele Anleihen an altgedienten Größen. Bei der richtigen Lautstärke aber doch auch mit Suchtgefahr.


     

 

 

 
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